Unterkunft: Camp(13.09.2008)

Meine Erfahrung in Fahrradreparaturangelegenheiten hält sich ebenso wie mein handwerkliches Geschick in Grenzen. Ein Speichenwechsel am Hinterrad auf der Zahnkranzseite ist für mich so etwas ähnliches wie eine komplizierte Operation an lebenswichtigen Organen.

Der Eingriff will gut vorbereitet sein. Zunächst muss ich ausgeruht sein und der Behandlungsort muss geschickt gewählt werden. Neben dem mitgeführtem Werkzeug brauche ich Zugriff auf zusätzliches Operationsbesteck. Daneben ist es von enormer Wichtigkeit, dass ich im schlimmsten Fall Hilfe von Experten bekommen kann.

Schon gestern Abend habe ich mich auf dem Campingplatz in Brønnøysund einquartiert und nach einem sehr entspannendem Abend in der lokalen In-Kneipe, fühle ich mich heute bereit dazu den Eingriff zu wagen.

Zunächst muss die Cassette runter, da man andernfalls die Speiche nicht eingefädelt bekommt. Rad und Zahnkränze müssen festgehalten werden während man den Verschlußring losdreht. Das Rad fixiere ich mit stabilem Blumendraht an einer Bank. Die Fahrradkette eignet sich gut zum festhalten der Zahnkränze, wenn man sie ebenfalls mit Blumendraht an der Bank fixiert. Wirklich stabiler Blumendraht. Der „Blumendraht“, den ich hier bekommen habe ist fast so dick wie eine meiner Speichen…. also Blumendraht für große Blumen.

Den großen Schraubenschlüssel, die Bank und den Blumendraht hat mir übrigens feundlicherweise  der Campingplatz zur Verfügung gestellt. Ich habe nur den kleinen Zahnkranzabzieher dabei, der mit dem Schraubenschlüssel gedreht werden muss.

Für mich, ein Moment der Freude. Es funktioniert, die Cassette ist ab und jetzt lässt sich auch leicht die Speiche entfernen. Es ist übrigens tatsächlich nur eine Speiche gerissen. Bisher sind mir Speichen immer paarweise gerissen.

Die Ersatzspeichen transportiere ich im Sattelrohr. Da ich vermeiden wollte, dass die Speichen darin herumklappern habe ich sie mit einem Stück Stoff umwickelt und den Stoff verknotet. Der Stoffknoten sitzt fest im Sattelrohr, so kann da nichts wackeln und klappern. Um die Speichen leicht wieder herauszubekommen, habe ich ein Band an die Speichen gebunden. Dieses Band muss ich jetzt nur nehmen und die Speichen, die mit ihrem Stoffknoten wie ein Pfropfen im Sattelrohr sitzen herausziehen.

Soweit die vielfach zu Hause unter Idealbedingungen getestete Theorie. Leider ist Feuchtigkeit ins Sattelrohr eingedrungen und hat den eh schon super festsitzenden Stoffknoten aufquillen lassen. Der Bindfaden scheint aufgrund der Feuchtigkeit marode geworden zu sein und reißt…… Schade.

Die Speichenenden sitzen viel zu tief im Sattelrohr, als dass ich mit irgendeinem Werkzeug herankommen könnte und wenn ich eine so schmale lange Zange hätte, würde ich die Speichenköpfe beim Festhalten beschädigen. Nach verschiedenen erfolglosen Versuchen gelingt es mir die Speichen am Stoffknoten mit Hilfe der gerissenen Speiche herauszubekommen.

Die zweite Hürde ist genommen. Speiche einfädeln und festziehen ist kein Problem. Jetzt muss das Rad noch ein wenig zentriert werden. Dazu bastel ich mir aus einer alten Zahnbürste und einem Gummiband eine Zentrierhilfe mit deren Hilfe die restliche Arbeit ohne weitere Probleme erledigt werden kann. Damit ist auch die dritte Hürde überwunden. Danach halte ich mich noch eine Weile damit auf die Bremse am Hinterrad wieder sauber einzustellen und verbringe den Abend wieder zufrieden in der lokalen In-Kneipe. Ich find, ich hab mir das verdient.
Cassetten-Demontage

Zentriervorrichtung