In der Hütte fühle ich mich mittlerweile recht wohl. Die Hütte ist dreigeteilt, ein unangenehm ekliger Eingangsbereich, das recht manierlich “Wohnzimmer” in dem ich auch geschlafen habe und das Schlafzimmer. Der Eingangsbereich ist bitter, Müll, Tassen voller Zigarettenkippen der letzten drei Monate, eine Tasse voll mit pelzigem Schimmel, die erwähnte “Emergency toilet”, die Bibel ist zerissen und vermutlich als Klopapier missbraucht, das Gästebuch ist gar nicht mehr vorhanden, der erste Hilfe Koffer ist mehr oder weniger leer und das was noch da ist ist unbrauchbar, nass und verschimmelt. Das Wohnzimmer ist ganz OK, ich habe es mir recht gemütlich gemacht, den Tisch abgewischt, einmal durchgefegt und ne Kerze aufgestellt. Hier fühle ich mich wohl. Von da geht es ins Schlafzimmer. Das ist abgesehen von den aufgeschnittenen Betten auch OK.

Der Wind hat nicht wirklich nachgelassen und lässt die Hütte immer noch erzittern, aber die Sonne scheint und es verspricht ein warmer Tag zu werden. Die Männer gestern meinten, dass der Wind heute den ganzen Tag über so bleibt. Ich habe die Wahl einen Tag in der Hütte zu verbringen oder ca. 20 km gegen den Wind nach Hveravellir zu schieben. 20 km schieben sollte in acht Stunden zu schaffen sein, auch bei bittersten Verhältnissen. Wenn es gar nicht mehr geht, kann ich immer noch zelten, vielleicht kommt dann ja auch wieder ein Auto vorbei.
Also los, das Rad gegen den Wind zu schieben fühlt sich zeitweise so an, als würde ich ein Auto anschieben. Seitenwind ist fast noch anstrengender. Möglichst ohne mich zu verausgaben und mit der, hier dringend erforderlichen Gelassenheit geht es Meter für Meter voran. Die Sonne scheint, die Sicht ist super und die Strecke schön. Leider sehe ich fast ausschließlich den Meter Straße vor meinem Rad, da ich den Kopf geneigt halte um keinen Sand in die Augen zu bekommen. Fotografieren kann ich hier leider fast gar nicht, da ich die Kamera nicht rausholen kann ohne das Rad hinzulegen und sehr aufzupassen, dass mir nichts aus der Lenkertasche geweht wird.
An einer Stelle stoße ich auf zwei zusammenfließende Flüsse. Der eine ist klar, der andere führt Sedimente mit sich. Das ist dann doch mal den Aufwand Wert die Kamera herauszuholen. An dieser Wasserstelle stoße ich auf eine kleine ruhende Herde Schaftreiber, die sich hier mit ihren Hunden und Pferden (2 pro Treiber) einen windgeschützten Ruheplatz gesucht haben. Bei meiner Annäherung verhalten sie sich überhaupt nicht scheu, eher neugierig und geben mir sogar von ihrem Futter (Cognac) ab. Sie sitzten hier und warten auf Schafe, die aus dem Osten in Richtung Straße getrieben werden, um diese dann weiter nach Norden zu treiben.

Ich erreiche Hveravellier verhältnismäßig zügig und genieße erst mal ausgiebig den natürlichen Hot-Pot. Die Schaftreiber übernachten auch hier, was für eine unruhige Nacht spricht. Bei etwas abgeflautem Wind schlage ich mein Zelt auf, umringt, beobachtet und etwas genervt von ca. 25 Treiber Hunden, die mein Zelt und alles was ich irgendwo hinlege, jeder einzeln, sehr genau unter die Lupe nehmen, über das noch nicht aufgebaute Zelt laufen, hier ein wenig zupfen und das eine oder andere Teil versuchen mitzunehmen. Trotz Wind und Hunden steht das Zelt irgendwann.

Ich habe so einen unglaublichen Hunger, dass die Küche heute kalt bleibt. Ich schlinge einfach irgend etwas runter. Die Treiber haben zunächst im Hot-Pot ein Bierbad genommen und diesen Platz dann mehr oder weniger verwüstet und übersät mit leeren Bierdosen verlassen und sich anschließend recht zügig ins Koma gesoffen. Die Treiber verhalten sich demnach einigermaßen ruhig, die Hunde heulen leider die ganze Nacht den Mond oder sonst was an.

zusammenfließende Flüsse

zusammenfließende Flüsse

Schaftreiber

Sturmanzug
Nach einem unerwarteten Sandsturm im angepassten Sturmanzug.

Hveravellier

Hveravellier

Hveravellier