Wed 3 Oct 2007
Auf die Fähre
Geschrieben von Jörg unter Island, Norröna, Seyðisfjörður
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In der noch von der Hinfahrt gut im Gedächtnis gebliebenen, bienenwabenähnlichen Liegekabine treffe ich nach und nach meine Zimmergenossen. Ein Elektriker, der acht Jahre gearbeitet hat und ein Sabbatjahr machen wollte das ihm verwehrt wurde. Kurzentschlossen hat er daraufhin seinen Job gekündigt und ist nach Hanstholm zum Kitesurfen gefahren. Dort hat er sich spontan nach Island eingeschifft. In Island hat er dann eine Anhalterin mitgenommen, sich von ihr zu einer Woche Arbeit auf einer Schaffarm übereden lassen und ist jetzt mit dieser Anhalterin auf dem Weg zurück nach Hanstholm. Die Anhalterin ist gebürtige Russin und von Moskau bis Hanstholm getrampt und dann mit der Norröna nach Island gefahren um dort zuerst irgendeinen Fjord von Unrat zu reinigen und anschließend auf verschiedenen Schaffarmen zu jobben. Sie ist jetzt auf dem Weg zurück nach Moskau. Ein “Trendsportler” der sein Leben damit verbringt Motorcross, Mountainbike und Kajak zu fahren, Gleitschirm und Drachen zu fliegen und auf auf Berge zu klettern. Er hat irgendwann mal Geographie studiert und jobt gelegentlich als Reiseleiter. Ein Motorcrossfahrer der in Island ein Rennen organisiert, gefahren und gewonnen hat und jetzt auf dem Weg zurück ist. Dann ist da noch ein Italiener, der nur kurz seine Sachen ablegt und sich nicht auf die “Interviewfragen” der sehr kommunikativen und redseligen Russin einlässt. Als weiterer Gast betritt eindrucksvoll, raumfüllend, “scheinbar?” schlecht gelaunt und ohne ein Wort der seltsame Mann aus Seyðisfjörður die Kabine. Er wuchtet seinen massigen Körper auf eine der mittleren Liegen und stimmt schon knapp zwei Minuten später ein rohrbruchartiges Schnarchkonzert an. Ich werde es mir wohl wieder irgendwo auf den Gängen des Schiffes gemütlich machen. Die Anhalterin, trifft dann noch einen Mann den sie in Island kennengelernt hat und der sich ganz fest in den Kopf gesetzt hat sie zu heiraten. Nachdem er mich einmal mit ihr gesehen hat werde ich in den nächsten Tagen gewissermaßen zu seinem bevorzugten “Ansprechpartner”. Mal fragt er etwas aggressiv nach ihr, mal schwärmt er von ihr, mal jammert er ein wenig über dies und das, manchmal kann ich ihn auch einfach nicht mehr verstehen, weil er zu betrunken ist um deutlich zu sprechen. Sie macht es noch besonders spannend und berichtet geradezu grausige Geschichten von ihm.
Ich verbringe den Abend im Viking Club mit Urs und Ghislain. Die beiden Schweizer sind in den letzten 4 Monaten durch verschiedene Europäische Länder gereist. Die meiste Zeit haben sie in Island verbracht. Die beiden sind sehr angenehme Gesprächspartner und wir genießen gemeinsam den Abend in der Bar, trinken Bier und schauen uns die täglich stattfindende Tanzvorführung an. Nicht schlecht was einem hier an Bord so alles geboten wird.