Lögurinn / Lagarfjólt


Ich würde mich gerne noch einen Tag in diesem Amphitheater aufhalten, aber ich habe kein Wasser mehr. Bis zum See möchte ich nicht laufen und das was sich hier in den Pfützen gesammelt hat sieht mehr nach Schafpisse aus, als nach Wasser. Nach 30 km über Rüttelstrecken stoße ich auf die Ringstraße. Von hier möchte ich weiter Richtung Myvatn. Ich stelle ärgerlicherweise fest, dass meine Regenhose verschwunden ist. Die hat sich irgendwo losgerüttelt und ist unbemerkt vom Rad gefallen. Strecke absuchend fahre ich im Eiltempo 20 km zurück, leider ohne Erfolg. Ohne Regenhose will ich nicht weiterfahren, also noch mal 30 km zurück nach Egilsstaðir, um dort den Abend mit einem Bier für 10 Euro zu beenden und mir morgen eine neue Regenhose zu kaufen. Auf diese Weise sind heute 78 km zusammengekommen.

Brücke über den Jökulsá á Brú

Superjeep

Mehr Power

Mehr Power!!!
Aber als Alternative zum Fahrrad… bei meiner nächsten Islandreise vielleicht.
Eigentlich ist so ein Jeep das übliche Fortbewegungsmittel auf Island, nur üblicherweise sind die nicht so sauber… Vielleicht ein Ausstellungsstück?

Es geht wieder los, über Egilsstaðir und Eiðar weiter nach Norden Richtung Héraðsflól. Mein Camp schlage ich mit Blick über ein weites Tal (Hjaltastaðuþinghá) auf, den Dyrfjöll. In einem See spiegeln sich die Berge. Das gewaltige Tal öffnet sich zum Meer hin zur Héraðsflól, aber das Meer ist zu weit weg oder die Sicht nicht gut genug um es zu sehen. Aus diesem Tal schallen viele Vogelstimmen zu mir herauf. Es ist überwältigend in dieser gigantischen Open-Air-Bühne, diesem scheinbar nie endenden Konzert zu folgen.

Auf dem Weg hierher hatte ich eine sehr eindrucksvolle Begegnung mit einer kleinen Herde Islandpferde. Der Leithengst hat mich zunächst aus freundlichen, intelligenten Augen lange und erwartungsvoll angeschaut, um dann zu seiner Herde zurückzugehen und mit dieser über die unebene Weide zu galoppieren. Wie fließendes Wasser, das schäumend über die Oberfläche gespült wird. Zunächst auf mich zu und dann, mich ein Stück entlang des Weges begleitend.

Mein Fahrrad auf der 94

Islandpferd

Dyrfjöll

Dyrfjöll

Dyrfjöll

Hjaltastaðuþinghá

Ich setze meine Fahrt um den Lögurinn fort. Immer noch Gegenwind aber deutlich angenehmere Bedingungen als gestern. Am Abend komme ich bei der Farm an. Hier möchte ich für ein paar Tage WWOOF’en. Eine Treppe, deren Stufen nur noch nicht zerbrochen sind, weil sie sich erinnern wie stark sie mal waren, führt zur Eingangstür. Eine Klingel gibt es nicht, nur eine Glocke. Auf mein Läuten reagiert niemand. Damit hatte ich auch nicht wirklich gerechnet. Irgendwann sehe ich jemanden im Hof vorbeigehen und läute noch mal. Der Mann ist der wohl am schlechtesten rasierte Franzose der mir bisher über den Weg gelaufen ist. Sein Nasenring (Bullstyle) verschwindet fast in seinem struppigen Schnauzbart. Er ist sehr farbenfroh gekleidet, stellt sich als Samuel vor und zeigt mir das Haus. Hier findet man einfach alles was man sich vorstellen kann. Viele Bücher, verschiedene Bilder, Fotos von Menschen und Landschaften in allen Räumen verstreut, ein kleiner Sarkophag aus Stein, eingerahmte ägyptische Zeichnungen, viele Skulpturen, christliche Symbole und Kreuze, Steine, leere Weinflaschen, verschiedene Knochen, die Fingerfarbenbilder von Eymundurs Sohn, Gabriel, an der Tapete, ein Geweih, eine große vergilbte Karte von Island, viele Kerzen, ein Faxgerät, mehrere Computer, ein Brotbackautomat, eine Apfelschälmaschine usw. Eymundur sieht interessant aus, nicht wie ein Farmer eher wie ein Südseefahrer, er ist nett, er redet nicht viel. Ich schlage mein Zelt im Garten auf, alle Zimmer sind belegt mit anderen WWOOfern, bis auf den Franzosen, fast alles junge deutsche Mädchen, die teilweise schon viele Monate hier verbracht haben.

Lagarfjólt

Straße neben dem Lagarfjólt

Regenbrachvogel

Rotschenkel

Uferschnepfe im Brutkleid

MODIR JORD MOTHER EARTH

Als es in der Nacht doch anfängt zu regnen, decke ich mich im Schutz eines Felsen mit meiner Plane zu, zum ordentlichen Aufspannen bin ich zu müde. Gegen Morgen mache ich es mir gemütlich. Plane aufspannen und frühstücken bis weit in den Nachmittag. Irgendwann mache ich mich doch wieder auf. Heute lerne ich das so genannte Wellblechprofil kennen. Auf der Fähre hat Matthias schon mit Steffen darüber gesprochen. Bei ihrer Beschreibung konnte ich mir noch kein so rechtes Bild davon machen. Nach ein paar hundert Metern auf der Strecke wird mir allerdings klar was ich da unter den Rädern habe. Es fühlt sich an wie übergroßes Kopfsteinpflaster, nur schlimmer. Ich habe das Gefühl jeden Moment zerbricht irgendetwas, eine Felge, der Rahmen, der Gepäckträger oder mein Rücken. Ich habe mal gehört Island ist das Land der Gepäckträgerbrüche, jetzt weiß ich, warum. Es macht nicht wirklich Spass bei 7 °, Gegenwind und Regen, mit tropfnassen Handschuhen und immer noch Kopfschmerzen über die beschriebenen Rüttelstrecken zu fahren. Der Nebel verhindert, dass man etwas von der zweifellos vorhandenen Landschaft zu sehen bekommt. Aber wenigstens ist die Strecke flach…. zumindest für isländische Verhältnisse. Also, das dänische Gebirge war flacher.

Lange mache ich das jedenfalls nicht mit und schlage mein Zelt am Straßenrand auf. Es gibt Nudeln mit selbst gemachter Tomatensoße. Das Essen schmeckt unbeschreiblich gut. Ein Abend am Kamin mit einer Flasche Wein kann kaum schöner sein, ehrlich! Zugegeben, warme oder vielleicht sogar trockene Füße würden mein Wohlbehagen noch steigern können.

Nachtlager mit Regenschutz neben dem Lagarfjólt

Zelten nahe dem Lagarfjólt

Am vorläufigen Ziel meiner Träume angekommen!
Nach zwei Bier gestern Abend und einer viel zu kurzen Nacht in der viel zu warmen und schlecht belüfteten Kabine, in der ich leider keinen Schlaf gefunden habe, schleppe ich mich und mein Rad mit Kopfschmerzen von Bord. Herrlicher Sonnenschein, kalter Wind und ein traumhafter Blick auf die Berge begrüßen mich. Um aus Seyisfjörður herauszukommen, muss der Pass nach Egilsstaðir bezwungen werden. Die Alternative wäre eine Fähre nach Bakkagerði, die geht aber erst in zwei Tagen.

620 Höhenmeter auf den ersten 14 km bei herrlicher Aussicht und empfindlich kaltem Wind. Die nächsten 10 km gehen wieder fast auf Meereshöhe runter. Von Egilsstaðir starte ich nach langer Pause und viel Kaffee meine Fahrt in Richtung Hallormsstaður. Ich verzichte auf das Zelt und schlafe unter bewölktem Himmel direkt am Ufer des Lögurinn/Lagerfjólt. Hier im See lebt die Isländische Version von Nessie, ich habe den Wurm aber leider nicht zu sehen bekommen. Ich habe das Gerücht gehört, dass der Loch Ness und der Lagerfjólt durch unterirdische Tunnel verbunden sind und wenn ich den Wurm hier nicht zu sehen bekommen habe, dann kann es sein, dass er gerade in Schottland ist.

Jörg on Tour in Seyisfjörður

Die Islandradler von der Norröna

Seyisfjörður

Egilsstaðir

erstes Nachtlager in Island