thingvellir


Schon um 7:00 Uhr verlasse ich den Campingplatz und kann mir kurze Zeit später Þingvellir in aller Ruhe anschauen. An diesem, wohl bedeutendsten Ort Islands sieht man besonders deutlich die Auswirkungen der Kontinentaldrift. Man steht gewissermaßen mit einem Bein in Amerika und mit dem anderen in Europa.

Hier wurden früher wichtige Versammlungen abgehalten, Gesetze beschlossen und Straftäter gerichtet. Männer wurden geköpft und Frauen wurden ertränkt. Die Gleichberechtigung kam später nach Island.

Nach und nach kommt Unruhe in diesen, in den Morgenstunden, so friedlichen Ort. Die Touristen fallen zum Glück nicht so massiv und Rudelweise ein, sondern eher tröpfchenweise. Ich habe wohl einen guten Tag erwischt. Unter anderem treffe ich eine Gruppe Taucher, die im Kontinentalbruch bis zu 40 m tief zwischen vielleicht 5 Meter auseinander stehenden schroffen Felswänden hinabtauchen. Das Wasser hier ist so kalt, wie Wasser grad noch sein kann, aber die Taucher haben ja entsprechende Anzüge an. Nicht so die drei Amerikanischen Touristen, die mit einem der kleinen Touristenbusse hier ankommen. Sie wollen den verweichlichten, warmbadenden Isländern beweisen wie hart man als Amerikaner ist. Bis auf die Shorts ausgezogen führen sie zuerst eine Art Regentanz auf – vermutlich um sich Mut zu machen – und springen dann hinein in den Kontinentalbruch.

Der isländische Þingvellir-Nationalpark-Aufseher meint zu mir “Die haben den Schrumpf faktor vergessen, diese verrückten Amerikaner. Die werden pissen wie die Weiber für die nächsten zwei Wochen.”

Þingvellir

Þingvellir

im Kontinentalbruch

später mal

Öxarafoss

Tanzende Amerikaner

Badende Amerikaner

gleich nasser Amerikaner

Morgens finde ich einen ungefähr Handteller großen Stein in der Zeltapside und ein dementsprechendes Loch in der Zeltwand. Feinde habe ich mir hier eigentlich nicht gemacht.

Nach einer provisorischen Zeltreparatur geht es bei herrlichem Sonnenschein und starkem Wind, natürlich von vorne, Richtung Þingvellier. Das Stück Richtung Þingvallavatn (östlich vom Bíldsfell) ist wunderschön, allerdings sehr sandig. Der sandige Weg in Kombination mit dem Wind bedeutet wieder mal recht häufig Schrittgeschwindigkeit oder schieben.

Am Wasserkraftwerk geht es über die Sog. Dort komme ich mit dem Wasserkraftwerksleitstellenangestellten ins Gespräch. In erster Linie warnt er mich vor…

vor was wohl? Der Wind soll stärker werden zum Abend hin. Es wurde eine Sturmwarnung herausgegeben und er belegt das auch noch mit den entsprechenden Wetterdaten. Eine kurze Führung durchs Kraftwerk ist inbegriffen. Er bietet mir an, mich ein Stück Richtung Þingvellir zu fahren. Für die ca. 20 km bis hier habe ich fast vier Stunden gebraucht. Der Wind nimmt bis heute Nacht ständig weiter zu. Er meint spätestens in zwei Stunden ist an Radfahren wirklich nicht mehr zu denken. Während der Fahrt zeigt er mir die (wie er meint) schönste Gegend in Island. Das ist jetzt schon die dritte schönste Gegend in Island, die mir gezeigt wird. Mal sehen ob ich noch eine finde. 😉

Sein Angebot anzunehmen ist eine gute Entscheidung. Die verbleibenden 10 km, die ich noch radeln muss sind richtig bitter. Ich erreiche einen verwaisten Campingplatz kurz vorm Dunkel werden. Wirklich guten Windschutz finde ich hier leider auch nicht.

Ich habe mir für die gesamte Tour vorgenommen mich auf dem Rad nicht zu verausgaben, zumindest nicht absichtlich. Man weiß ja nie was noch passiert.

Das Zelt bei Wind aufstellen ist OK und wurde in letzter Zeit häufig trainiert. Die einzigen Steine zum Beschweren finde ich ein gutes Stück vom besten (windgeschütztesten) Platz entfernt. Beim Steine schleppen, ich glaube ich bin 10 mal hin und hergelaufen, musste ich noch aufpassen mich vom Wind nicht umwerfen zu lassen. Die Türen zu den Sanitäranlagen sind nicht verschlossen, das ist gut. Wenn man sie einmal geöffnet hat gehört allerdings einiges dazu, diese gegen den Wind wieder zuzukriegen. An meiner Benzinflasche verklemmt sich irgendwie das Rückschlagventil und ich brauche einige Zeit und verschütte eine Menge Benzin bis ich das wieder gerichtet habe. Als ich mich schlafen legen möchte schließt der Reißverschluß am Zelt nicht richtig. Nach langem erfolglosem probieren gebe ich auf, improvisiere eine Notlösung und stelle mich auf eine sehr zugige Nacht ein.

Grauschecken

Die Straße Richtung Efri-Brú

sandig

Wasserkraftwerk

Wasserkraftwerk

Wasserkraftwerk

druch die grünen Rohre kommt das Wasser rein

hier geht das Wasser wieder raus

Þingvellirvatn

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Camping Þingvellir