Finnmark


Strecke: Kjelvik -> Norvågen -> Honningsvåg -> Nordkaptunnel
Unterkunft: Camp(30.06.2008)

Von den Gebäuden der ehemals größten Ansiedlung auf Magerøya sind im wesentlichen nur noch die Grundmauern zu erkennen, eine Art Plateau unterhalb der steil ansteigenden Berge, der alte Friedhof und die Reste einer Straße, die ein Stück an der Küste entlang läuft bis sie an den schroffen Felsen der bis ans Wasser reichenden Berge endet. Ob man vorhatte die Straße an der Küste entlang bis Norvågen auszubauen, ob Norvågen damals schon existierte, weiß ich nicht.

Kjelvik ist keine Geisterstadt, wie man mir gestern noch gesagt hat, aber die Bevölkerung beschränkt sich auf die zeitweiligen Bewohner der 12 Wochenend- oder Sommerhäuser. Ein paar Boote liegen in der Bucht. Man kann sehen, dass an einigen der „neuen“ Holzhäuser gearbeitet und restauriert wird, aber nicht heute. Menschen sind heute keine hier, nur der Wind, die Brandung und das Rentier, das hier gestern schon umhergestreift ist.

Ein Haus liegt noch etwas außerhalb des Stadtzentrums. Der Besitzer mag es vermutlich lieber ruhig und abgeschieden und wollte dem städtischen Trubel entfliehen.
Morgens in Kjelvik

vorübergehender Vorort von Kjelvik

Kjelvik

In Kjelvik

Fließend Wasser in Kjelvik

In Kjelvik

In Kjelvik

Eiderenten

Silbermöwe

Silbermöwe

Silbermöwe

Die Bucht vor Kjelvik

Von hier aus sehe ich sofort den Wanderweg, den ich auf dem Hinweg verpasst habe. Das erspart mir eine anstrengende Kletterpartie als ich mich anschicke, nach einem ausgiebigen Stadtrundgang und einem sehr ausgedehnten Sonnenbad, Kjelvik wieder zu verlassen.

Mein Weg nach Kjelvik

Der Wanderweg nach Kjelvik

Kjelvik

Der Wanderweg nach Kjelvik

Wieder in Norvågen treffe ich paar Kinder die mich zum Baden mitnehmen. „Baden im Meer“ – Kalt! – Sehr kalt! Reinrennen – untertauchen – rausrennen – abtrocknen – und dann den Kindern, die deutlich länger durchhalten als ich, beim Toben im Meer zusehen.

Norvågen

Stockfisch

Nach dieser eiskalten Erfrischung fahre ich ohne weitere Aufenthalte zum Nordkap Tunnel. Direkt vor dem Tunnel mache ich noch mal Station und schlage mein Zelt auf dem Parkplatz an der Mautstation auf.

Strecke: Honningsvåg -> Norvågen -> Kjelvik
Unterkunft: Camp(29.06.2008)

Es ist nur ein kurzes Stück von Honningsvåg nach Norvågen. Norvågen ist mit seinen ca. 500 Einwohnern überschaubar. Der kleine Tunnel durch den man fahren muss, um nach Norvågen zu kommen, ist mehr eine Überdachung für die Straße und wurde nur gebaut um zu verhindern, dass die Straße im Winter durch Schneelawinen verschüttet wird und die Einwohner von Norvågen abgeschnitten werden. Das ist vor allem wichtig, da die Schule in Norvågen kürzlich geschlossen wurde und die Kinder jetzt morgens immer nach Honningsvåg fahren müssen, worüber sich weder die Kinder noch die Eltern aus Norvågen sonderlich freuen.

Den Wanderpfad von Norvågen nach Kjelvik und weiter nach Helnes Fyr finde ich zunächst nicht. Ich frage eine Frau nach dem Weg, die mit Engelsflügeln auf dem Rücken, wie Kinder sie zu Karneval tragen, mit ihren Freundinnen Kaffee trinkend auf der Terrasse sitzt. Mein Rad kann ich direkt hier am Haus parken und eines ihrer Kinder zeigt mir gegen ein wenig Schokolade den Weg zum Startpunkt der Wanderung.

Engelsflügel!?!? Die Frau ist Comedian und bereitet einen Auftritt vor. Was liegt für einen Comedian in Norwegen näher, als sich mit Prinzessin Märtha Louise zu beschäftigen. Prinzessin Märtha Louise hat durch ihre Heirat mit dem bürgerlichen Ari Behn ihren Platz in der Thronfolge verloren bzw. darauf verzichtet. Hauptsächlich beschäftigt sie sich mit der Schule die sie gegründet hat. Hier sollen Kinder lernen wie man durch Tiere (z.B. Pferde) mit Engeln spricht. Prinzessin Märtha Louise spricht reichlich mit Pferden und anderen Tieren also eigentlich mit Engeln, hat also viel Erfahrung damit und gibt ihr fundiertes Wissen in ihrer Schule an die Kinder weiter.

Norvågen

Norvågen

Hund

Wanderweg nach Kjelvik

Norvågen

Wanderweg nach Kjelvik

Die vielleicht einstündige Wanderung nach Kjelvik ist bis kurz vor Kjelvik leicht zu gehen. Dann hört der Pfad auf oder ich verliere ihn. Alternativ zum Pfad folge ich den Stromleitungen. Die Strecke geht extrem steil abwärts. Verschiedene Leute haben mich schon davor gewarnt: „Am Ende sieht man den Pfad nicht mehr gut und es wird sehr steil!“. Wenn dir ein Norweger so etwas sagt, dann nimm es ernst.

Richtung Kjelvik

Kjelvik

Kjelvik

Kjelvik ist früher mal die wichtigste Stadt auf Magerøya gewesen, wurde aber ca. 1890 in einem Sturm zerstört. Seit dem lebt hier keiner mehr. Erst in letzter Zeit sind hier wieder ein paar Sommerhäuser aufgebaut worden. Heute ist niemad hier und ich habe die Stadt für mich allein, nur ein einzelnes Rentier läuft hier herum, eigentlich zwei, aber das zweite läuft schon länger nicht mehr.

Rentier

Rentier

Rentier

Zwischen den verfallenen Gebäuden von früher finden sich die neuen, aber ebenfalls von Wind und Wetter recht mitgenommenen, Sommerhäuser. Dieser Ort, der nur über den Wanderpfad oder vom Wasser her erreichbar ist, hat eine besondere Ausstrahlung. Es gibt viel zu entdecken während ich langsam durch den Ort streife.

Ich zähle ungefähr zwölf Häuser hier im Ort und habe das Gefühl einen Vorort zu gründen während ich am Stadtrand mein Zelt aufstellen.

Kjelvik

Kjelvik

Kjelvik

Kjelvik

In Kjelvik

Blick von Kjelvik

Sicherheitsbestimmungen können hier auch beim Abstützen von Hochspannungsleitungen außer acht gelassen werden. Hier ist ja keiner.

Strommasten in Kjelvik

Strommasten in Kjelvik

Strecke: Skarsvåg -> Honningsvåg
Unterkunft: Camp(28.06.2008)
Tageskilometer: 25,08 km Fahrtzeit: 2:00:40 Durchschnitt: 12,60 km/h

Nachts zwischen 00:00 Uhr und 02:00 Uhr soll die Mitternachtssonne durch das Kirchenportal scheinen. Wir, also Rico, Katrin, Enrico und ich stapfen also nach meinem Friseurtermin noch mal los zu diesem, mehrere Meter breiten, natürlich entstandenen Kirchenportal. Das Kirchenportal präsentiert sich allerdings eher düster, da die Sonne nur ein klein wenig durch die Wolkendecke blinzelt.

Bevor ich mich morgen auf den Weg nach Kjelvik mache, lege ich heute noch einen Zwischenstop in Honningsvåg ein. Eigentlich zum Schreiben und Fotos sortieren. In Honningsvåg setzte ich mich also wieder ins Kaffee Corner und treffe dort Uni, eine gebürtige Honningsvågerin, die mir in akzentfreiem Deutsch stundenlang von Honningsvåg, Magerøya und dem Leben hier erzählt. Sie hört sich meine Reiseerlebnisse an und schwärmt von Leonard Cohen. Gegen 02:00 Uhr schließt das Kaffee Corner und ich muss mir nicht mehr, wie geplant, einen Schlafplatz in der Umgebung von Honningsvåg suchen sondern bekomme ein bequemes Bett und ein großzügiges Abendbrot bei Uni (Danke Uni). Nachdem ich, abgesehen von einer Schüssel Müsli heute früh, noch nichts gegessen habe mache ich mich heißhungrig darüber her und muss mich zusammenreißen ihr nicht den ganzen Kühlschrank leer zu futtern. Schlaf bekomme ich nicht besonders viel, da sie mir unermüdlich weitere Lieder von Leonard Cohen vorspielt. Zweifelsohne tolle Texte, aber nach einigen Stunden Leonard Cohen intravenös ist meine Aufnahmekapazität und Konzentrationsfähigkeit für den Tag endgültig erschöpft und mir fallen am Küchentisch sitzend die Augen zu.

Ring the bells that still can ring
forget the perfekt offering
there’s a crack in everything
that’s where the light comes in

(Leonard Cohen)

Kirkeporten

bei kirkeporten

Skarsvag

Renier

Rentier

auf mageroya

auf mageroya

Strecke: Skipsfjord -> Nordkap
Unterkunft: Camp(23.06.2008)
Profil: 774 Meter rauf und 471 Meter runter
Fahrbahn: Asphalt
Wetter: dichter Nebel
Tageskilometer: 69,34 km Fahrtzeit: 4:54:43 Durchschnitt: 13,55 km/h

Noch einmal nach Honningsvåg zum Einkaufen dann starte ich zum Nordkap. Es ist kalt und neblig. An den höheren Stellen der Strecke verschwindet die Landschaft komplett im Nebel, viel zu sehen bekomme ich nicht, aber der Nebel gibt diesen letzten Kilometern etwas besonderes. Irgendwie wird die Strecke durch den Nebel geisterhaft, mystisch oder spannend… auf jeden Fall „besonders“. Irgendetwas stimmt mit meinem Rad nicht. Ich habe das Gefühl, dass der Hinterreifen keinen Halt mehr hat… da wird doch nicht…. Auf den letzten Kilometern … „Doch!“. Der Reifen ist platt! Die Luft entweicht zwar langsam, aber sicher. Ich finde eine Haltebucht und mache mich an die Arbeit, neben mir die Schneereste vom Winter und um mich herum der dichte Nebel und vor mir… noch ca. 5 km bis zum Nordkap. Das ist wirklich kein Moment oder Ort an dem man sich über einen Platten ärgern könnte. Ca. 4500 km bin ich jetzt problemlos gefahren. Einmal auf der Tour einen Reifen flicken ist schon in Ordnung.

Mir kommt noch ein Mann entgegen der im Nordkapcenter arbeitet und nach Honningsvåg zurückgeht. Das sind gut 30 km. Er macht das regelmäßig sagt er, als Training für irgendeinen Wettbewerb im Gehen – Warum nicht.

Das Nordkap kostet Eintritt. Aber nicht für Radfahrer. Ich werde begrüßt und durchgewunken. Einer springt aus seinem Kassenhäuschen und rennt mir hinterher. Was will der denn jetzt? Soll ich etwa doch bezahlen? Er gratuliert mir und macht ein Foto von mir – Das ist nett und gibt ein gutes Gefühl. Später erfahre ich, dass das Nordkap für Radfahrer nicht immer umsonst war. Es gab da mal einen Italiener, der von Italien hier her geradelt ist. Zwei oder drei Jahre ist das wohl her. Er ist bis zum Kassenhäuschen gekommen. Dort hat er sich schlichtweg geweigert zu bezahlen. Er hat einen ziemlichen Aufstand gemacht und ist auch in die lokale Presse damit gekommen. Jedenfalls hat er sich wütend umgedreht ist zurück gefahren, nach Italien. Die Gesellschaft, der das Nordkap gehört hat sich vermutlich danach überlegt, dass es wirklich nicht gerade fair ist von Radfahrern die sich durch die halbe Welt hier her gequält haben auch noch Geld zu nehmen für die letzten drei Meter. Das Nordkap wurde übrigens von Norwegen an eine Gesellschaft verkauft – Sachen gibt’s.
Noch eine schöne Geschichte über sture Verweigerung. Ein deutscher Wohnmobilfahrer ist durch den Nordkap Tunnel gekommen und hat sich dort an der Bezahlstation hartnäckig geweigert zu bezahlen. Umgedreht ist er auch nicht. Er ist einfach stehen geblieben und hat den Weg blockiert. „Ich zahl nicht, lasst mich durch!“ Die Schlange hinter ihm wurde immer länger und irgendwann ist es wohl jemandem, der im Tunnel stehen musste zu blöd geworden und ist nach vorne gelaufen und hat für den sturen Deutschen bezahlt. Auf der Rückfahrt muss man vor dem Tunnel auch wieder bezahlen, keine Ahnung ob er immer noch auf der Insel ist. Der Tunnel wird übrigens durch die Tunnelgebühren bezahlt und sobald die Baukosten abgezahlt sind, ist die Tunneldurchfahrt für alle kostenfrei – 2014 soll es soweit sein. Auch hier gilt übrigens, Radfahrer dürfen (Müssen!) jetzt schon kostenfrei durch den Tunnel.

So, ich bin angekommen und darf mich freuen. Ich freu mich! Warum weiß ich nicht so genau. Streng genommen ist das hier eine Sackgasse und ich stehe im Nebel und sehe … „Nebel“. Selbst das Nordkapcenter finde ich nur indem ich anderen Leuten hinterhergehe. Aber ich freue mich wirklich und finde es ganz toll, das ich hier bin. Mit oder ohne Nebel. Ich frage im Nordkapcenter wo man hier gut zelten kann. „So nah wie möglich am Gebäude, es wird windig!“ …. OK, das lässt sich machen. Ich laufe ein wenig umher und während ich so nach einem geeigneten Platz suche schält sich ein zweites Gebäude aus dem Nebel. Dort finde ich Thomas und Günther die diesen Rat zu hundert Prozent beherzigt haben und stelle mich dazu (siehe Foto). Es gibt Garnelen mit Majo und Weißbrot und alles ist gut.

Michael

Margit

Jürgen

Straße zum Nordkap

An der Straße zum Nordkap

Sami-Lager Fotoshooting

Sami-Lager Souvenir shop

Rentiere

An der Straße zum Nordkap

Nebel

Mein erster Platten auf dieser Tour

Freier Eintritt für Radfahrer

Jörg

Jörg freut sich

Nordkap

Jörg freut sich am Nordkap

Jens und Karola auf Hochzeitsreise

Kinder der Welt Monument

Jens und Karola auf Hochzeitsreise

Windgeschützt campen

Alles ist gut

Die einzige Einkaufsmöglichkeit auf Magerøya ist in Honningsvåg und daran bin ich schon vorbei. Heute ist Sonntag und sonntags haben die Geschäfte in Norwegen überwiegend geschlossen. Damit habe ich nach meinem langen Aufenthalt in Schweden gar nicht mehr gerechnet. Ich bleibe also für eine weitere Nacht auf dem Campingplatz, damit ich meine Vorräte wieder auffüllen kann. Wie lange ich mich am Nordkap aufhalten werde weiß ich noch nicht und von meinen Vorräten ist nichts mehr übrig.

Mein Ausflug nach Honningsvåg endet im Infocenter. Dort treffe ich Thomas. Thomas ist von Stuttgart aus durch Schweden und Finnland hier hoch geradelt. Abgesehen von Josef ist Thomas der bepackteste Radler den ich bisher getroffen habe. Inklusive Flüssigkeiten (ein Liter Milch, ein Liter O-Saft und unbestimmt viel Wasser) kommt er wohl auf fast 70 kg. Er hat wirklich alles dabei. Faszinierend und etwas ungewöhnlich ist die 2 kg schwere Autobatterie, die über den Nabendynamo während der Fahrt geladen wird und mit der er über einen Spannungswandler sogar einen 220 Volt Anschluß dabei hat. Er kann so – zumindest für kurze Zeit – sein Notebook betreiben und die diversen anderen technischen Geräte, die man unterwegs brauchen kann. Diese Idee lässt mir keine Ruhe, mal sehen ob ich bei meiner nächsten Tour auch mit 220 Volt unterwegs bin. Die 2 kg Pulvermilch, die er von einer Radtour in Ghana übrig hatte und von Deutschland bis zum Nordkap unangetastet gelassen hat wirken auf mich allerdings reichlich absurd. Pulvermilch nach Skandinavien mitzubringen ist in etwa so sinnvoll wie Bier nach Bayern zu tragen. Trotz dieser Last und seiner Angewohnheit alles Mögliche was er so auf der Straße findet mitzunehmen – Sitzkissen von Gartenmöbeln z.B. … kann man immer mal gebrauchen – und sich auch noch aufzuladen, fährt er gut 100 km am Tag. Was er leider nicht dabei hat ist ein elektrischer Haarschneider mit dem wir meine Frisur mal wieder auf ein erträgliches Maß stutzen könnten. Seit ich losgefahren bin sind meine Haare unpraktisch lang geworden. Jedenfalls unterhalten wir uns, nachdem das Infocenter geschlossen hat, im nahegelegenen Kaffee Corner weiter. Da es draußen mal wieder in Strömen regnet bleiben wir hier bis tief in die Nacht sitzen und tauschen Reiseerlebnisse, Ideen und Erfahrungen aus. Wir haben reichlich zu erzählen und es wird ein ebenso informativer wie lustiger Abend. Thomas fährt danach noch weiter zum Nordkap. Ich freue mich schon ihn dort morgen wieder zu treffen.
Honningsvåg

Honningsvåg

Honningsvåg

Sieht heftig aus, was?

Thomas

« Vorherige SeiteNächste Seite »