Aus den zahlreich gelesenen Reiseberichten und dem Marokko-per-Rad Forum habe ich erfahren, dass Begegnungen mit Kindern nicht immer unkompliziert sind.

In erster Linie sind die Kinder neugierig und wollen sich den seltsamen Radfahrer, der da die Straße entlang kommt ganz genau anschauen. Wenn man irgendwo zeltet und von Kindern entdeckt wird, wird es schwer sie wieder loszuwerden und sie wollen sich natürlich auch alles genau anschauen was man so dabei hat. Ich habe keine rechte Vorstellung wie ich mit einer Horde neugieriger Kinder umgehen soll, die mich an meinem Zeltplatz endeckt hat. Teilweise betteln die Kinder massiv. „Bonjour! Stylo!“ (Kugelschreiber), „Bonjour! Bonbon!“, „Bonjour! Dirham!“. Ãœberall heißt es, man soll den Kindern auf keinen Fall Geld ohne Gegenleistung geben. Sie lernen so nur, dass sie durch betteln schnell und einfach zu Geld kommen und sie vernachlässigen die Schule. Daneben werden sie, sobald sie merken, dass was zu holen ist nicht nachlassen und versuchen noch mehr rauszuholen.

– Stylo

Ãœberwiegend fragen sie nach Kugelschreibern. Warum brauchen sie so unglaublich dringend Kugelschreiber? In Marokko habe ich die Antwort darauf bekommen. Es gibt natürlich Kugelschreiber in Marokko, aber nur ganz einfache mit Kappe. Die schicken „europäischen“ Kugelschreiber mit Federmechanismus und Druckknopf oder sonstigen Spielereien sind das Ziel ihrer Begierde. Damit kann man in der Schule nämlich herrlich angeben. „Schau her, was ich hier tolles habe!“  Es ist also Blödsinn und erzeugt nur wieder Neid und Begehrlichkeiten bei den anderen Kindern. Kugelschreiber zu verteilen kann also irgendwie auch nicht das sinnvollste sein, abgesehen davon, dass man als Radfahrer, schon aus Platzgründen, kaum genug Kugelschreiber für alle Kinder mitnehmen kann denen man unterwegs begegnet.

Erwachsenen, arbeitsunfähigen, mittellosen Bettlern, die man vor allem in den Städten antrifft kann man dagegen ruhig ein paar Dirham geben. Die Einheimischen tun das auch. Der Islam verpflichtet Bedürftige mit Almosen zu unterstützen.

Die Kinder sind neugierig und wollen dich sehen, dich und deine Sachen anfassen und mit dir reden. Die Unterhaltung wird in meinem Fall an Sprachschwierigkeiten mehr oder weniger scheitern, bzw. sich auf ein Hallo und Tschüss beschränken. Das ist nicht gerade eine sehr erfüllende Unterhaltung, weder für mich noch für sie,  und schon fangen sie an zu betteln. „Stylo!“ Das wird der Fremde doch wohl verstehen.

Gruppen von Kindern können sehr hartnäckig sein, wenn sie sich mit dem vorbeirauschenden Radfahrer beschäftigen wollen und gelegentlich versuchen sie diesen anzuhalten. Zu diesem Zweck bilden sie Straßensperren, dass heißt sie stellen sich mit ausgebreiteten Armen vor dir auf die Straße und versuchen dir keine Lücke zu lassen durch die du hindurchkommst. Um diese Straßensperren zu durchbrechen soll es empfehlenswert sein, kräftig in die Pedalen zu treten und einfach drauf zu zuhalten. Die Kinder springen dann schon zur Seite. Ich nehme mir also vor es genauso zu machen und hoffe mal, dass es gut geht.

Manchmal werfen die Kinder auch Steine nach dem vorbeifahrenden Radler. Das ist vermutlich eine Situation für die es kein Rezept mehr gibt. Ich hoffe wirklich, dass mir das erspart bleibt. Nach allem was ich gelesen habe kommt das in Marokko nicht so häufig vor und immer wieder wird erwähnt, dass die Kinder dich nicht verletzen wollen, vermutlich wollen sie dich oftmals gar nicht treffen. Ich lasse mich da mal überraschen.

Die Kinder sind soweit meine Beobachtung immer lieb, wenn Erwachsene in der Nähe sind. Die genannten Komplikationen sind auch eher die Ausnahme. Meist sind die Kinder und Jugendlichen schon glücklich, wenn man nett zurückwinkt, nett grüßt und im Vorbeifahren mit ihnen abklatscht was auch mir viel Spaß macht und was sehr motivierend sein kann.