Imlil: Wanderung nach Sidi Chamharouch

Am Morgen, gegen 6:30 öffne ich die Augen und die Haustür und sehe direkt einem Schaf in die Augen das auf der Terrasse des gegenüberliegenden Wohnhauses steht. Eine fußkranke Ziege humpelt mit einem Verband am Fuß durch die holperigen Gassen des Dorfes. Die Frauen waschen ihre Wäsche im fließenden Wasser vor dem Haus. Das hat meine Wäsche auch dringend nötig. Zur allgemeinen Belustigung bei den Frauen schnappe ich mir meine Wäsche und geselle mich zu ihnen. Auf der Dachterrasse bekomme ich ein herrliches und reichhaltiges Frühstück und mache mich zu Fuß auf den Weg nach Imlil.

Auf dem Weg treffe ich zwei nette Jugendliche, die mir intensiven arabisch Unterricht erteilen. In Imlil geht das „Verkäufer abwimmeln“ wieder los. „Nein, ich möchte nichts kaufen! Ich möchte deinen Laden nicht anschauen und ich möchte auch nichts was du verkaufen möchtest fotografieren!“

Was ich wirklich gerne fotografieren möchte ist das Baugerüst, das ich auf dem Weg hierher gesehen habe. Ich bin aber zu scheu (man könnte es auch taktvoll nennen) die arbeitenden Leute auf dem Baugerüst zu knipsen. Das Gerüst ist „sehr gewagt und improvisiert“. Die Metzgereien in Marokko sind üblicherweise schon ein ungewöhnlicher Anblick für europäische Augen. Die Auslagen beim Metzger hier in Imlil sind heute aber besonders auffällig. Ein Foto mache ich aus den gleichen Gründen wie beim Baugerüst nicht. Die Metzger verkaufen ihre Waren über eine Art Ladentheke zur Straße hin. An der Theke hängt eine Leber, über der Theke baumelt ein Magen. Ich vermute der Magen gehört zu dem Ziegenkopf, der am Ohr aufgehängt ebenfalls von der Theke baumelt und von dem noch langsam das Blut auf die staubige Straße tropft. Auf der Straße liegt noch ein ebenfalls sehr frischer Kuhkopf.

Auf dem Weg nach Sidi Chamharouch muss ich zunächst wieder zahlreiche lästigen und penetranten Souvenir Verkäufer ignorieren, dann führt ein schöner, steiniger aber gut zu laufender Weg den Berg hinauf. Ich weiß, dass bei Sidi Chamharouch die nächsten Souvenierverkäufer auf mich warten und drehe um sobald ich die Gebäude sehen kann. Nach einer Picknickpause überholen mich drei junge Männer (die Verkäufer von Sidi Chamharouch) auf dem Weg in ihren Feierabend. Sie haben mich gesehen und wollen wissen, warum ich umgedreht habe ohne sie zu besuchen. Sie fragen hartnäckig und, ich würde sagen gerade noch freundlich nach Zigaretten oder Schokolade….. jetzt ist klar, warum ich umgedreht habe und mir das ersparen wollte?

Ich merke hier in Imlil deutlich, dass es ein Touristenort ist. Das Internet kostet das doppelte vom üblichen Preis (also 8 anstelle von 4 Dirham pro Stunde) ist aber auch doppelt so schnell. Die Mandarinen kosten auch das doppelte und die sind natürlich nicht doppelt so lecker. Beim Brotverkäufer versuchen die Jungs mich übers Ohr zu hauen und die Souvenir-Verkäufer sind hartnäckiger und zahlreicher als sonst in den Orten die ich besucht habe. Sehr positiv ist mir der Outdoorladen in Imlil aufgefallen, der einzige den ich in Marokko gesehen habe. Dort gibt es von Trekkingnahrung über den Schlafsack bis hin zu den Steigeisen alles was man für eine Toubkal Besteigung benötigt. Die meisten Ausrüstungsstücke kann man hier auch mieten.