Abgesehen von der Gruppe Kinder, die mir kaum, dass ich in den Ort eingefahren bin, vom Straßenrand her Englischsprachige derbe Beleidigungen zurufen, gefällt mir Tazenakht sehr gut. Der Ort ist überschaubar, nicht ganz so quirlig wie die größeren Städte und ich fühle mich hier irgendwie willkommen. Bevor ich mir ein Hotel suche gehe ich noch in einem kleinen Lebensmittelkiosk einkaufen. Zwei Flaschen Wasser  kosten 12 DH, dazu ein Fladenbrot und eine Dose Sardinen. Er tippt eine ganze Weile ziemlich ziellos auf einem Taschenrechner herum und zeigt mir das Ergebnis (37,5 DH). Ich sage „17“ und noch 4 Schokoriegel (Stück für 1 DH). Er tippt wieder wild auf seinem Taschenrechner. Das Ergebnis seiner Berechnung 45DH. Ich gebe ihm 20DH und frage ob das so OK ist. Er meint, dass wäre OK und ich fange an einzupacken. Er fängt wieder an seinen Taschenrechner zu bearbeiten, nach einer Weile meint er ich müsste ihm noch 12DH geben. Ich unterbreche meinen Packvorgang und lächle ihn an. Er tippt von neuem los. Schließlich meint er 2DH müsste ich ihm noch geben. Ich gebe ihm die verlangten 2DH worauf er mir noch 50 Centimes zurückgibt…. ?!. Die ganze Preisverhandlung läuft angenehm und freundlich ab. Ich möchte nicht ausschließen, dass er einfach seinen Taschenrechner nicht wirklich bedienen kann, vermutlich hat er aber einfach versucht seine Waren zu Touristenpreisen an den Mann zu bringen. Sardinen, Brot und Schokoriegelpreise kenne ich allerdings inzwischen. Im Hotel Taghdoute bekomme ich ein großes, schönes und sauberes Doppelzimmer mit Toilette und heißer Dusche für unschlagbare 80 Dirham (umgerechnet ca. 8 Euro). Ein echtes Wohlfühlzimmer, ich überlege schon ob ich hier für ein oder zwei Tage Station machen soll.

Zum Tagebuchschreiben setze ich mich auf der Terrasse ins Cafe. Kaum habe ich mir einen Tisch ausgesucht, noch bevor ich auf dem Stuhl sitze, setzt sich Omar auf den Platz neben mir. Omar spricht sehr gutes Deutsch, das reicht schon, um bei mir diverse Alarmglöckchen bimmeln zu lassen…. Mal sehen was er mir verkaufen möchte. Er hat ein marokkanisches Deutschbuch dabei und zeigt mir Fotos von dem Hotel in Marrakesch, in dem er demnächst arbeiten möchte. Ich lade ihn auf einen Thé à la menthe ein und wir quatschen eine ganze Weile. Irgendwann kommt er doch dann tatsächlich mit seinem Onkel, der ein Teppichgeschäft um die Ecke hat. Er würde sich freuen wenn ich mir das Geschäft mal ansehen würde. Irgendwie komme ich mir fast vor wie in einem Film, nur dass ich ganz sicher nicht mit ihm zu seinem Onkel gehen werde. Auch nach meinem deutlichen „Kein Interesse!“ quatschen wir noch eine ganze Weile, dann mache ich mich daran mein Reisetagebuch zu füllen.

Ein paar Frauen, jede einen großen Strauß frisch gepflückter Planzen unter dem Arm kommen ins Cafe und starten ein lautes, lustiges und sehr lebendiges Gespräch. Sie schnattern, gackern und lachen ohne Luft zu holen. Sie wechseln ständig die Plätze, um sich neben ihren aktuellen Gesprächspartner zu setzten. Dem nicht enden wollenden in arabisch geführten bla, bla, bla kann ich natürlich nicht mal ansatzweise folgen, aber das ist bei einer Gruppe Deutscher wild durcheinander schnatternder Frauen auch nicht anders.

Gelegentlich steht eine der Frauen auf  und geht zu dem kleinen Grünstreifen an der Cafe-Terrasse. Ich hätte das was da wächst als Blumendekoration bezeichnet, hier denkt man praktischer. Die Frauen pflücken die „Blumendeko“ nach und nach auseinander und ergänzen so ihre Erntesträuße. Vermutlich landet das alles im Kochtopf. Ich hätte gerne gefragt was das alles im einzelnen ist, aber mit der arabischen Bezeichnung für eine Pflanze deren deutschen Namen ich nicht mal kenne, kann ich nicht besonders viel anfangen.

Ich schaue mir meine weitere Route auf der Karte an und frage einen jungen Marrokaner, wie stark der Verkehr auf der Nationalstraße Richtung Taliouine ist. Es ist schon lustig, wie ich ihm mit meinem experimentalfranzösisch meine Frage erkläre und anschließend seine Antwort enträtsel. „Nicht viele Autos auf der Strecke nach Taliouine!“. Ein anderer Mann kommt jetzt zu mir und möchte mir die gleiche Frage beantworten. Dann kommt eine der Grünpflanzenpflückerinnen. Sie ist ganz in schwarz gekleidet, mit schwarzem Kopftuch. Ihr Handy trägt sie wie ein Schmuckstück an einer Halskette. Sie spricht ausgezeichnetes Englisch. Nachdem ich ein paar Worte mit ihr gewechselt habe, kommen die anderen Frauen aus der Gewürzpflanzenrunde und immer mehr weitere Gäste aus dem Cafe dazu. Das Geschnatter, das ich vor ein paar Minuten noch amüsiert verfolgt habe, hat jetzt ein neues Zentrum … MICH !

Ich erzähle was ich hier mache, eine der Frauen hält mich am Arm fest und redet ebenso eindringlich wie unverständlich auf mich ein. Ich gebe eine Antwort, die ihr von irgendjemanden übersetzt wird und alle lachen. Das Geschnatter und Gelächter hört gar nicht mehr auf. Gelegentlich übersetzt mir die englischsprechende Frau ein paar Sätze, so dass ich halbwegs mitbekomme worüber gerade gesprochen wird und ich auch mal was dazu sagen kann.