17.07.2010 – 23.07.2010

Tarnos -> Bidache -> Laas -> Aren -> Arudy -> Lanne -> Montrejeau -> St. Gaudens -> Audinac -> Col de Portel -> Col de Port

460 km

Temperaturen vergleichsweise erträglich, etwas Regen der zusätzlich abkühlt.



In Frankreich gibt es an jeder Ecke verschiedenste und teilweise aufs übelste verschimmelte (der Kenner spricht von veredelt)  Käsesorten. Freilich ist der Großteil dieses farbenfrohen Sortiments auch in Deutschland erhältlich, aber hier in Frankreich drängt sich die Käsetheke, wie übrigens auch die Meeresfrüchte, doch sehr in den Vordergrund. Ich versuche mich nach und nach an diesen Käsekuriositäten. Die meisten sind überraschenderweise wirklich essbar. Ich will nicht so weit gehen sie als lecker zu bezeichnen, aber – sagen wir interessant. 🙂 Was man in Frankreich nicht unbedingt dem Gastgeber sagen sollte, da „C’est intéressant“ hier eine höfliche Version von „Schmeckt nicht!“ ist und so leicht als Beleidigung aufgefasst werden kann. Ich meine jetzt also „interessant“ in einer weniger französischen Bedeutung.

Jedenfalls kaufe ich mal wieder eines dieser interessanten Päckchen  und beim Öffnen erzeugen Geruch und Aussehen „spontane Ablehnung“ – um meine wahren Empfindungen mal französisch, diplomatisch, abgeschwächt auszudrücken.

Probieren ist Pflicht! Nach wenigen Versuchen gebe ich aber auf, verschließe und entsorge das Päckchen. Am Abend habe ich Durchfall und Magenschmerzen, was aber auch andere Gründe haben kann oder eine eingebildete Reaktion ist. Es drängt sich mir im Moment die Frage auf „Wie erkenne ich bei mir unbekanntem Schimmelkäse, dass er schlecht geworden ist?“ Aufkommender Ekel ist kein eindeutiges Indiz für die nicht Essbarkeit. Bei der ersten Begegnung mit z.B. einem Harzer Roller ging es mir auch nicht besser… und bei der zweiten und dritten auch nicht.

Die gewaltigen Berge der  Pyrenäen zu meiner Rechten, radel ich immer noch recht zielstrebig durch die hügeligen Ausläufer des Gebirgsmassivs. In einigem Abstand zur Küste  wird die Gegend von einem großen Wald dominiert. Die Temperaturen sind insgesamt erträglich im Moment, es hat sich etwas abgekühlt und regnet auch manchmal ein wenig was zusätzliche Kühlung verschafft.

Dass mir die Kette reißt war abzusehen, ich hätte sie längst austauschen oder zumindest ölen sollen. Die hier zahlreich auftretenden amerikanischen Rennradfahrer bieten mir im Vorbeifahren hilfsbereit ihre Unterstützung an. Ich nehme das Erlebnis zum Anlass, mich endlich mal wieder um Öl für die Kette zu kümmern. Mein Kettenöl ist leider ausgelaufen und schon seit längerem leer. In Bayonne habe ich dummerweise nicht daran gedacht und ansonsten stoße ich auf nicht besonders viele Fahrradgeschäfte auf meiner Route. In der nächsten Autowerkstatt wird mir schnell und unkompliziert ausgeholfen.

Ich treffe Petra aus Holland. Mit der ersten Tourenradlerin, die mir auf dieser Tour begegnet halte ich einen längeren netten Plausch am Wegesrand. Petra fährt die Pyrenäen entlang von Ost nach West, auf französicher Seite und trifft ihre Familie am Atlantik. Sie hat eine nette und zuendegedachte Geschäftsidee und auch schon die passende Internetseite dazu, nur sich dazu durchringen ihre Idee  auch umzusetsen konnte sie sich bisher nicht.

Hunde mögen keine Radfahrer, bzw. sie mögen sie besonders gerne, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall stürzen sie sich mit Vorliebe und lautem Gebell auf diese  plötzlich und geräuschlos daherkommenden seltsamen Gefährte auf zwei Rädern. Hier in Frankreich ist normaler- und glücklicherweise ein Zaun zwischen dem Radfahrer – also mir – und dem Hund. Normalerweise, aber nicht immer. Heute werde ich beim Durchfahren eines kleinen Dorfes gleich von fünf Hunden gleichzeitig begrüßt. Zwei kommen von hinten rechts und drei von vorne links. Da mir so etwas nicht zum ersten Mal passiert habe ich mal nach Tipps für solche Situationen gesucht und ein Tipp war “ (1)anhalten, (2)absteigen, (3)das Rad zwischen sich und die Hunde bringen, (4)und langsam weiter gehen…. OK Teil 1,2 und 4 kann ich jetzt mal ausprobieren… Teil 3 wird schwierig im Moment. Aber es funktioniert auch so, die Hunde ziehen sich fast augenblicklich zurück.

Am letzten Tag dieses Reiseabschnitts steht meine erste Bergetappe an. Die Pässe sind für Radler ausgeschildert und mit mittleren und maximalen Steigungsangaben versehen. Zunächst aufwärts über den Col de la Crouzette auf den Col de Portel (1432 m) dann geht es steil durch eine waldige Strecke bergab und dann wieder aufwärts auf den Col de Port (1250 m).

Das Wetter ist heute regnerisch, kalt, teilweise sehr kalt und neblig. Der Wald ist durch Nebel und Regen mystisch verwandelt und die wenigen Menschen, die ich in den winzigen Ansiedlungen treffe sind freundlich und genauso glücklich und zufrieden wie ich.

Obwohl es noch viel zu früh ist bleibe ich heute auf dem Col de Port. Von hier aus habe ich eine grandiose Aussicht und in dem kleinen Info Center kaufe ich mir noch ein Stück Ziegenkäse von einem Hof aus der näheren Umgebung… Beim Auspacken stelle ich fest, der Käse ist nicht verschimmelt und schmeckt würzig und lecker 😉