28.06.2010 – 03.07.2010

Perl -> Nevers

610 km

HEIß!!! jeder Tag deutlich über 30°C fast 40°C

Normalerweise baue ich ab 25°C deutlich ab. So ca. 10% pro Grad über 25°C gehen mir verloren. Ab 35°C bin ich damit auf Null und muss mich mühsam und voll auf lebenserhaltende Funktionen konzentrieren. Also atmen und schwitzen…

Ich bin selber sehr überrascht, wie ich es im Moment schaffe – ohne zu leiden – ca. 100 km täglich zurückzulegen, mich auf französisch durchzufragen und auch sonst noch alles hinzubekommen was man auf einer Radtour so machen muss. Daneben bin ich natürlich intensiv mit Atmen und Schwitzen beschäftigt. Ich teile mir die Etappen ein, starte sehr früh und liege um die Mittagszeit für vier bis fünf Stunden im Schatten – atmen und schwitzen – dann starte ich wieder und fahre bis die Sonne untergeht. Daneben trinke ich möglichst kaltes Wasser in großen Mengen und heissen Kaffee in etwas kleineren Mengen, konzentriere mich darauf nie zu kämpfen (vor allem am Berg) mich nie wirklich anzustrengen… immer locker, immer unverkrampft, immer im Einklang bleiben. Notfalls noch einen Gang runterschalten oder kurze Schattenpausen einlegen.

Das derzeit wichtigste Ausrüstungsstück ist mein Hut, meine Mütze oder wie auch immer man dieses schlabberige Stück Stoff nennen möchte. Mein Hut hält die direkten Sonnenstrahlen erfolgreich ab und immer wieder bitte ich Leute die ich im Garten sitzen sehe “ pouvez vous me mouiller mon chapeau, s’il vous plaît“? können Sie mir bitte meinen Hut  nass machen? Mit kaltemWasser getränkt und  tropfnass aufgesetzt, lässt es sich leben. Das hält lange vor, weil durch die Verdunstungskälte dem Kopf ständig Wärme entzogen wird…herrlich, funktioniert übrigens auch mit warmem Wasser, auf das ich zurückgreifen muss, wenn ich gerade niemanden treffe. Die 3,5 Liter Wasser, die ich dabei habe sind nämlich entweder leer oder, wenn ich doch mal etwas übriggelassen habe zumindest nicht mehr kalt.

Orientierung:

Einen Versuch, eine eigentlich gar nicht so schrecklich stark befahrene Hauptstrasse zu vermeiden, breche ich erfolglos ab.

Ich folge zunächst einem gut befahrbaren Waldweg, der dann aber zunehmend in die falsche Richtung führt. Die Wegbeschreibung von dem Mountainbikefahrer kann ich mir leider nicht mal ansatzweise merken, aber „instinktive Orientierung“ das kriege ich schon hin und biege irgendwann einfach nach Gefühl in Richtung Hauptstraße ab. Der Weg wird schlechter und schlechter bis ich mein Rad über schon lange nicht mehr benutzte und schon fast wieder zugewachsene Forstwege schiebe. „Irgendwo muss der Weg aus dem Wald führen und auf der Straße auskommen!“

Aus dem Wald führt er auch, aber ich komme hinter einem großen Kornfeld raus und kann die Straße weit, weit vor mir erkennen. Mit dem Rad jetzt eine Schneise durch das Feld zu schlagen erspare ich mir zumal ich nicht weiß, ob ich am Ende wirklich auf die Straße komme oder ob sich dort noch weitere Hindernisse in meinen Weg legen. Ich schiebe also mein Rad zurück durch den Wald und verbuche diesen Orientierungsfehler nach ca. zwei Stunden mit völlig zerkratzten Beinen als lehrreiche Erfahrung und netten Ausflug in den Wald. Wirklich ärgern tue ich mich nicht, es klappt halt nicht alles beim ersten Mal. Jedenfalls werde ich weiterhin einiges in Kauf nehmen, um Hauptstraßen zu vermeiden.

Nächtliche Störungen: 

Im Moment fahre ich immer so bis um 20:00 Uhr und wenn ich dann ein Hinweisschild zu einem Campingplatz sehe steuere ich diesen an. Wenn ich keinen Platz finde fahre ich noch eine Stunde länger und suche mir ein ruhiges Plätzchen zum Schlafen. Campingplätze gibt es hier reichlich, aber meine Rechnung geht trotzdem nicht ganz auf, weil die meisten im Moment noch geschlossen haben. So auch der in Noyers, ein sehr außergewöhnlicher alter und schöner Ort, den ich nur ansteuere, weil ich einem Campingplatzschild folge und den ich bei Einbruch der Dunkelheit erreiche. Der Campingplatz ist auch bald gefunden, aber leider geschlossen… und abgeschlossen. Also dicht, Mauer drum herum und großes Stahltor davor. Da ist nichts zu machen. Auf der Wiese davor ist Platz und ich mag wirklich nicht mehr weiterfahren. Also warte ich bis die „Parkbesucher“ die hier mit ihren Kindern Fussball spielen bzw. sich in kleinen biertrinkenden Grüppchen versammelt haben, verschwunden sind. Als Ruhe eingekehrt ist stelle ich mein Zelt auf. Ich lege mich noch eine Weile draußen auf meine Isomatte und schaue in die Sterne……

Plötzlich weckt mich ein Brummen direkt hinter meinem Kopf. Ich schrecke hoch, bin wohl eingeschlafen und blicke mich um. Hinter mir ist etwas. Etwas ist klein, rund, schwarz… und brummt. Ein Igel! Was brummt der denn so? Schüttelt der sich? Egal, der Igel läuft weiter und ich lege mich wieder hin.

… zum Schlafen komme ich nicht mehr. Fliegen, Ameisen, Mücken oder Spinnen krabbeln mir über den Kopf, über die Haare, durch das Gesicht. Verdammt noch mal! Wo kommen denn so plötzlich derart viele Krabbelviecher her und wieso werde ich die nicht los. Abwischen bringt rein gar nichts….

Ahhhh! Nein! Das sind Flöhe. Igel haben Flöhe, die hat er abgeschüttelt oder die sind halt rübergesprungen…. Jetzt bin ich wach!

Gut, dass keiner hier ist und es ist auch schon dunkel. Ich ziehe mich aus, schüttel meine Kleidung aus, schüttel mir die Viecher aus den Haaren und wasche mich mit dem wenigen Wasser, dass ich noch habe. Abgesehen von ein paar eingebildeten Flöhen bin ich alle losgeworden und kann weiterschlafen. Nicht ohne nachzuschauen, wo der brummende Igel gerade steckt und in welcher Richtung der unterwegs ist.

Gebäckträger

Biwak am Waldrand

Biwak im Wald

Camp bellevue