Pyrenäen Tour


21.09.2010 – 23.09.2010

Was für eine Überraschung! Ich liebe Paris, … finde es ganz toll dort. Also Paris gefällt mir richtig gut und Radfahren in Paris ist ein riesen Spaß. Den Verkehr in Paris würde ich als völlig entspanntes Chaos bezeichnen. Die Gebäude in Paris sind gewaltig ohne erdrückend zu wirken, alt ohne verstaubt zu wirken. Die Prachtbauten, der  Arc de Triomphe, Notre-Dame de Paris und was es hier sonst noch an namenhaften und namenlosen Sehenswürdigkeiten zu bewundern gibt ist gigantisch in der Größe und bis ins kleinste Detail beeindruckend komplex verziert. Als Radfahrer komme ich hier super zurecht. Ich fließe mehr durch als mit dem Verkehr, auf jeden Fall auf den großen Straßen. In den zahlreichen, von hohen historischen Gebäuden begrenzten, engen und beidseitig zugeparkten Einbahnstraßen darf man als Radfahrer auch gegen die Fahrtrichtung fahren. Zu diesem Zweck ist auch ein Seitenstreifen vorhanden. Das geht aber nur solange richtig gut, bis mir ein Auto entgegenkommt, also nicht sehr lange. Der Platz ist für einen bepackten Reiseradler und ein Auto recht knapp bemessen, aber es findet sich immer irgendeine Lücke zwischen den parkenden Autos und dem mehr oder weniger fließenden Verkehr. Die an diese verstopften Straßen gewöhnten Franzosen meistern das Chaos völlig entspannt. Ich fühle mich freundlich von Paris aufgenommen und finde das, bei meiner Abneigung gegen alle größeren Städte und Menschenballungen, wirklich erwähnenswert. Paris ist vermutlich der erste Ort mit mehr als zehntausend Einwohnern, in dem ich mich auf Anhieb wohl fühle. In den etwas mehr als zwei Tagen versuche ich gar nicht erst mir Paris wirklich anzuschauen, aber ich denke ich komme noch mal nach Paris, um den Eindruck zu vertiefen.

Vielleicht sollte ich es auch bei dem ersten positivem Eindruck belassen und Paris einfach in guter Erinnerung behalten. Wenn der erste Eindruck gut ist und man schöne Erinnerungen hat, kann man sich diese leicht mit dem Versuch einer Wiederholung kaputt machen. Das hat wohl was mit den Erwartungen zu tun die man dann automatisch hat.

Paris ist die Stadt der goldenen Ringe: Überall in Paris liegen goldene Ringe auf den Straßen. Ganz egal wo ich mein Rad abstelle, um ein Foto zu machen. Direkt zu meinen Füßen liegt ein massiver goldener Ring. Ich sehe diese Ringe nie. Aber es gibt zum Glück genügend professionelle Passanten mit geschultem Blick. Kaum bleibe ich stehen, steht auch schon einer dieser Touristenbetreuer vor mir, bückt sich und hält mir vor die Nase, was mir zum wiederholten Male entgangen ist. Warum diese Leute immer fest davon überzeugt sind, dass das mein verlorener Ring ist weiß ich nicht, eigentlich trage ich gar keinen Schmuck. Ich bin großzügig und überlasse ihnen jedes Mal den Ring, schließlich haben sie ihn ja auch gefunden. Ich habe inzwischen nachgelesen und herausbekommen, dass sie den Ring zwar verschenken, aber als Finderlohn für diesen massiven Goldring einen lächerlichen Betrag gerne als Gegenleistung entgegen nehmen.  Wie auch immer, der Ring (übrigens lustigerweise immer der gleiche) hätte mir eh nicht gestanden und fünf davon (so viele hätte ich aus Paris mitnehmen können) erst recht nicht.

Eiffelturm

Eiffelturm

Eiffelturm

Eiffelturm

arc de triomphe

arc de triomphe

arc de triomphe: Detail

arc de triomphe: Detail

arc de triomphe: Detail

arc de triomphe: Detail

arc de triomphe

flamme de liberte

Obelisk von Luxor

Notre-Dame de Paris

gare de l'est

am arc de triomphe

arc de triomphe

gare de l'est

gare de l'est

17.09.2010 – 21.09.2010

Hier ein paar Eindrücke von Bayonne und Biarritz.

13.09.2010 – 16.09.2010

Tourmalet (2115) -> Lourdes(400) -> Col de Marie-Blanque (1035) -> Saint-Jean-Pied-de-Port -> Bayonne

280 km

Die eisige Nacht in 2000 Metern Höhe hat sich gelohnt. Nachts kam zwar Nebel auf und die Sicht auf die Sterne war mir verwehrt aber der Ausblick am frühen Morgen ist grandios. Die Nacht war kalt aber der Raureif auf der Wiese und auf meinem Schlafsack hält mich nicht davon ab früh in den Tag zu starten. Um nach der frostigen Abfahrt nicht als steifgefrorener Eisklumpen vom Rad zu fallen, brauche ich heute alle meine Kleidungsstücke als isolierende Zwiebel. Jetzt bin ich sehr froh, dass ich auch auf dieser Tour durch das heiße sommerliche Frankreich ein paar warme Sachen im Gepäck habe.

Ich rolle nach Lourdes und betrete damit eine ganz eigene Welt.  Nachdem der inzwischen heilig gesprochenen Bernadette Soubirous dort im Jahr 1858 mehrfach eine Dame in Weiß erschienen ist, die sich als „unbefleckte Empfängnis“ zu erkennen gegeben hat wurde dieser Ort zum wohl berühmtesten Marienwallfahrtsort der Welt.

Unzählige Pilger besuchen Jahr für Jahr diesen Ort am Fuß der Pyrenäen, viele in der Hoffnung auf Heilung einer schweren Erkrankung. Für die Pilger gibt es zahlreiche Geschäfte in denen neben Marienbildnissen, -Statuen und zahlreichen anderen Dingen mit starkem christlichen Symbolcharakter auch Wassergefäße in verschiedenen Größen und Formen für das heilende Quellwasser aus der Grotte von Massabielle zu kaufen sind.

Die Kirche von Lourdes

Mein Aufenthalt hier ist kurz und ich bin auch froh dem hier herrschenden Trubel entfliehen zu können und genieße schon bald die Ruhe der Natur in der unmittlebaren Umgebung des Ortes.

Col de Marie-Blanque

Auf dem Col de Marie-Blanque ist richtig was los. Mit schussbereiter  Kamera warten hier Eltern, Kinder und Ehepartner auf ihren jeweiligen Radfahrer, der sich gerade den Pass hochkämpft. Bei Erreichen des Passes werden dann die „Ziel erreicht“ Fotos geschossen. Für manchen Radfahrer ist dann zu meiner Überraschung tatsächlich hier oben Schluss. Einige verzichten wirklich auf die folgende Abfahrt und laden ihr Rad hier oben ins Auto und lassen sich zurück insTal fahren. Die Rennradfahrer, die sich hier oben ablichten lassen fahren den Pass von der viel steileren Westseite her an, ich habe das Glück, dass meine Route so liegt, dass ich den Pass von der vergleichsweise sanft ansteigenden Ostseite her fahren durfte. Nicht, dass ich das geplant hätte oder vorher überhaupt schon mal etwas von diesem Pass gehört hätte, aber ich kann mich freuen den Pass von der für mich richtigen Seite genommen zu haben.

Ich bleibe eine Weile hier oben und beobachte das Treiben von Radrennfahrern und ihren Fotografen und mache mich dann an die Abfahrt auf der steileren Westseite.

Roter Milan

Es folgt ein weiterer Pass dessen Namen mir leider nicht bekannt ist. Die Abfahrt ist in einen steilen und grün bewachsenen Hang gebaut und bietet eine atemberaubende Aussicht. Danach verlasse ich die Pyrenäen und mache mich auf ziemlich direktem Weg nach Bayonne auf.

Ich besuche noch kurz den Strand an dem ich bei meinem letzten Aufenthalt hier zwei Nächte verbracht habe und dann geht es weiter zu Nicole bei der ich mich die nächsten Tage ausspannen kann und mir überlegen wie es weitergeht.

10.09.2010 – 12.09.2010

Col d’Azet (1586) -> Hourquette d’Ancizan (1538) -> La Mongi -> Tourmalet (2115)

80 km

Col d’Azet (Sophie und Quentin)

Die Sonne schickt sich an unterzugehen, als ich mich langsam den Col d’Azet hinauf kurbele. Bis ich oben bin ist es vermutlich dunkel, aber mit etwas Glück finde ich nahe dem Gipfel einen guten Platz zum Schlafen. Wenn nicht werde ich wohl auch mit einem weniger guten Platz vorlieb nehmen, im Dunkeln möchte ich mir die Abfahrt nicht unbedingt antun, schon allein weil ich nichts davon hab, wenn ich nichts sehe. Plötzlich und völlig unerwaret steht ein Mädchen am Straßenrand und fragt mich, ob sie mich zum Bier einladen kann. Sie (Sophie) wohnt hier im LKW am Straßenrand, zusammen mit ihrem Freund Quentin. Sie haben mich gesehen und meinen ich könnte ein Bier vertragen.

Ich bekomme hier nicht nur ein Bier sondern auch noch eine echte marokkanische tajine. Da habe ich so gar nicht mit gerechnet. Quentin und Sophie reisen viel und gerne nach Marokko und Mali, und haben jede Menge Geschichten zu erzählen, die ich mir nur allzu gerne anhöre. Im Moment machen sie ihren LKW für die Überwinterung in den Bergen winterfest,  sie dämmen die Wände und installieren eine Heizung. Im Winter wollen sie hier im Skibetrieb arbeiten. Für das nächste Jahr gibt es noch keine festen Pläne aber jede Menge Ideen. Wenn sie nicht gerade auf Tour in Mali oder Marokko sind, arbeiten oder ihren LKW frosttauglich machen, fahren sie Longboard. Das ist die Downhill-Variante des Skateboardens und gleichzeitig gewissermaßen das Ur-Skateboard. Also so hat alles angefangen. Quentin erreicht dabei Geschwindigkeiten von ca. 100 km/h. Dabei fährt er die Pässe, die ich auch in den letzten Tagen gefahren bin. Er ist also deutlich schneller als ich… bergab und bergauf leider auch, weil er sich per Anhalter wieder hoch bringen lässt und da ihn die Anwohner in der Gegend mittlerweile alle kennen, wird er auch immer recht schnell mitgenommen. Ich bin sprachlos und weiß mit Sicherheit, dass ich mir beim ersten zaghaften Versuch mit so einem Longboard sofort sämtliche Knochen brechen würde.

Hourquette d’Ancizan

Eine mit ganz frischem grün gemalte Bilderbuchlandschaft erwartet mich auf dem Hourquette d’Ancizan. Unzählige Kühe, Pferde und andere Hoftiere beweiden die Hänge. Diese großen und unglaublich grünen Hänge wirken wirklich gewaltig und es ist ein Erlebnis durch diese grüne Welt bergab zu rollen.

Und auch auf dieser Strecke spielen ein paar Franzosen Boule. Die Franzosen spielen überall Boule, ich vermute die Autos werden mit Warndreieck, Fußmatten und Boulkiste unter dem Beifahrersitz verkauft.

Franzosen spielen wirklich überall Boule

Boule

Col du Tourmalet

Seit ich in den Pyrenäen bin höre ich immer wieder von diesem berühmten Pass. Berühmt weil er der erste Pass der Tour de France war und weil er der am häufigsten befahrene Pass der Tour de France ist. Ehrlich gesagt erwarte ich bei dem Bekanntheitsgrad nichts Besonderes. Aber es wird mein höchster Pass in den Pyrenäen und einmal möchte ich auf meiner Tour über 2000 Meter sein.

Der Anstieg von Osten ist wirklich überhaupt nicht schön. Viel zu viel Verkehr und irgendwie verbaut. In Erinnerung bleiben mir beschmierte Lawinenschutztunnel aus altem dreckigem Beton und ein grauenvoller Ski-Ort namens La Mongi. Mir wird allerdings auch die weitere Aussicht von dichtem Nebel versperrt. Bei ruhigeren Strecken auf kleineren Straßen haben solche Nebelfahrten durchaus auch ihren Reiz, hier dagegen herrscht Tristes. Oben auf dem Tourmalet, was ich fast schon befürchtet habe steht ein Restaurant, ein Denkmal und jede Menge Menschen. Eigentlich grauenvoll, aber hier treffe ich die beiden Motorradfahrer Marlene und Stefan wieder, die ich kurz vorher schon kennengelernt habe und so wird der Aufenthalt hier oben auf dem Tourmalet zu einem richtig guten und lustigen Gespräch mit sehr interessanten Menschen bei einer Tasse Kaffee im Nebel auf der Terrasse vom Restaurant. Egal wie lange wir uns hier aufhalten, Aussicht gibt es leider keine.

Das kann ich so nicht stehen lassen. Die Abfahrt nach Westen sieht schon auf den ersten Metern sehr viel interessanter aus als der Anstieg von Osten. Ich bleibe über Nacht hier, auf über 2000 Metern Höhe und hoffe am nächsten Tag etwas mehr zu sehen. Der Nebel verzieht sich in der Nacht und es kommen sogar die Sterne raus. Mit dem Tourmalet bin ich wieder versöhnt.

Anfahrt von Osten auf den Col du Tourmalet

La Mongi

Col du Tourmalet (2115m)

Jörg auf dem Col du Tourmalet

Stefan

Marlene

Col du Tourmalet Abfahrt nach Westen

Col du Tourmalet Abfahrt nach Westen

Frostige Nacht auf dem Tourmalet

07.09.2010 – 09.09.2010

Vicdessos -> Port de Lers(1516) -> Col de la Cor(1395) -> Col de Portet d’Aspet(1069) -> Col de Mente(1349) -> Col de Peyresourde(1569) -> Val Louron-Azet (1580)

195 km (ca. 3500 Höhenmeter)


Rennradfahrer gibt es hier reichlich. So ein Lastkarren wie mein Rad ist denen hier anscheinend noch nicht oft untergekommen. Zumindest schließe ich das aus ihren Äußerungen und den erstaunten Gesichtern wenn sie mich sehen. Insgesamt herrscht eine gute und freundliche Stimmung am Berg, es wird gewunken, gegrüßt und aufgemuntert. Irgendwie fühle ich mich aber ein wenig als bestaunte oder auch skeptisch betrachtete Kuriosität. Vielleicht haben die ja recht? Vielleicht habe ich mir hier zu viel vorgenommen und hänge gleich fürchterlich in den Seilen.

Diese Gedanken und die sich automatisch aufkommende Konzentration auf Höhenmeter, Kilometeranzeige und Uhr verdränge ich nach ganz weit hinten und konzentriere mich auf die Landschaft, die hier einiges zu bieten hat. Viel Wald und gewaltige Berge, darunter ein paar recht eindrucksvolle und außergewöhnliche Exemplare. Hier und da halte ich auch mal für ein Foto an. Es wächst jede Menge Minze am Straßenrand -> sehr gut für den nächsten Tee.

Langsam und beharrlich  kurbel ich mich, mein Rad und mein Gepäck die Berge hoch. Das mit dem Gepäckgewicht wird vollkommen überschätzt. Schmerzfrei und entspannt komme ich über die Pässe, nur steiler dürften die Anstiege für mich wirklich nicht mehr sein. Wenn ich noch langsamer fahre, dann falle ich vermutlich um.

Bagneres-de-Luchon ist ein wunderschön gelegener, von traumhaften Bergen eingefasster, viel zu großer, viel zu belebter, nicht wirklich französischer…. ein fast schon hässlicher Ort. Der Col de Peyresourde trifft da schon wieder viel mehr meinen Geschmack. Auf dem Anstieg wundere ich mich über die vielen zahlreichen großen Vögel, die wie die Geier kreisen. Geier in Frankreich? Aber was soll das sonst sein. Kurze Zeit später erfahre ich, dass es tatsächlich Geier sind. Es sind Gänsegeier, die sind hier tatsächlich heimisch.

Apropos heimisch, die Braunbären sind hier eigentlich auch heimisch, nur ist leider der letzte einheimische Braunbär trotz strenger Schutzauflagen vermutlich im Jahr 2004 erschossen worden. Das wars  mit den einheimischen Braunbären in den Pyrenäen. Um diesen bärenlosen und damit untragbaren Zustand in den Pyrenäen (Die Pyrenäen ohne Bären sind wie Afrika ohne Elefanten!) entgegenzuwirken wurden Ersatzbären aus Slowenien abgeworben und mittlerweile laufen wieder ca. 20 Bären durch die Pyrenäen. Vor allem die Bauern sind darüber gar nicht glücklich und jetzt ist hier in den Pyrenäen richtig der Bär los. Schriftzüge „Non aux Ours“, frei übersetzt „Nein zu Bären“, fallen mir immer wieder auf den Straßen auf. Nicht selten von schlauen Menschen in „Non aux Pubs“verändert. In der Übersetzung bin ich mir nicht sicher, ich vermute ein französisch-englisch was sehr unüblich in Frankreich ist und vermutlich unter Strafe steht – „Nein zu Werbung“. Damit wurde der Protest jedenfalls auf ein deutlich größeres und vor allem fast weltweit verbreitetes Übel wie die Werbeeinlagen in der Tageszeitung verschoben. Diesem Übel wird normalerweise viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet und niemand würde seinen Protest auf die Straße schmieren, aber ein paar Bärengegner-Gegner haben die schon vorbereiteten Schriftzüge sinnvoll genutzt.

Abgesehen von den Schriftzügen werden auch Bärenattrappen verbrannt und irgendwo in der Gegend wurde ein Rathaus mit Schafsblut beschmiert. Vergifteter Honig wird ausgelegt und schlimmeres. Auf der anderen Seite sollen demnächst die nächsten Bären aus Slowenien einreisen dürfen. Schließlich sind 20 Bären in den Pyrenäen allein nicht wirklich in der Lage eine Pyrenäen-Bärenpopulation aufzubauen und das ist schließlich richtig wichtig. Da man sie sowieso nicht zu Gesicht bekommt (also die Bären) ist das eigentlich nur ein Problem der Schafe, die gelegentlich unter den Bären zu leiden haben, nicht mehr als unter wildernden Hunden und entschädigt werden sie auch…. also die Bauern, nicht die Schafe.

Für die Touristen liegen Werbebroschüren (Pubs?) aus. „Bären sind nicht gefährlich, Bären gehen dem Menschen aus dem Weg. Sie werden keinen Bären treffen. Und was sie tun müssen, wenn sie einem Bären begegnen….“

Man darf gespannt sein, wann der Kampf zwischen Bärengegnern und Befürwortern hier seine ersten Opfer fordert.

Übrigens, vor ein paar Tagen habe ich in einer Zeitung gelesen, dass ein Wanderer von einer Kuh auf die Hörner genommen wurde. Haustiere laufen hier in den Pyrenäen frei umher wie in Island die Schafe und Pferde und in Finnland die Rentiere. Auch Ziegen, Schafe und junge Bullen hab ich schon gesehen. Größere Rinderherden blockieren da schon mal die Straße, mit wiederkauender Gelassenheit. Eine Kuh war wohl nicht so gelassen und hat einen Wanderer aufgespießt. Wie wärs da mal mit einem neuen Protest, so was in der Art von „Nein zu Hörnern an Kühen!!“. Also gewissermaßen ein Horntrageverbot für Kühe…. kommt bestimmt noch.

Non Aux Ours

Gänsegeier

04.09.2010 – 06.09.2010

Als ich am Gorges de Calamus die Leute beim Canyoning beobachten konnte, hatte ich mir vorgenommen, das bei Gelegenheit auch mal auszuprobieren. Die Gelegenheit bietet sich mir heute. In Vicdessos folge ich den Schildern eines Anbieters von Canyoning-Touren und habe Glück. Eine Tour startet in einer Stunde. Neoprenanzug und Turnschuhe bekomme ich geliehen, ich binde meine Brille fest und sitze schon im Bus. Drei Stunden wird die Gruppe durch die Schlucht geführt. So eine Schlucht mal von unten zu sehen ist eine völlig neue und eindrucksvolle Perspektive. Die ersten paar 100 Meter gewöhnt man sich noch daran durch das Wasser zu laufen, wir müssen aufpassen, dass wir uns beim Gehen nicht mit den Beinen in den Felsen verhaken, das könnte mehr als nur schmerzhaft werden. Dann rückt das Naturschauspiel in den Hintergrund, es bleibt nicht mehr die Zeit die links und rechts hoch aufsteigenden Felswände zu beachten.

Auch diesem ungewöhnlichen und faszinierenden Ort schenke ich nicht mehr ganz die Beachtung die er verdient hätte. Ich muss mich voll darauf konzentrieren nicht von den fußbreiten, glitschigen Felssimsen abzurutschen. Wenn wir Wasserfälle herunterspringen, muss man darauf achten was der Tourleiter sagt – „schräg nach links springen, rechts ist ein Stein unter dem Wasser“ – Jetzt wo er es sagt, seh ich den Felsen auch.  Wir tauchen unter Felsen hindurch und rutschen kleine Wasserfälle hinunter. Wir seilen uns in engen Schluchten neben einem Wasserfall ab. Gut 20 Meter – vielleicht auch mehr – gefühlt viel mehr. Das Seil reicht nicht immer, wenn du am Ende des Seils bist bleibt noch ein Stück freier Fall. Ein wenig Klettererfahrung habe ich schon bei einem Kletterkurs in der Zeche Helene und beim Survival Kurs bei Armin Hock machen können, aber das hier jagt meinen Adrenalinspiegel ganz weit nach oben.

Bei dieser Tour gibt es Sprünge bis zu 8 Meter Höhe. Ich hatte vorher gefragt und die beruhigende Auskunft bekommen, dass man die hohen Sprünge alle umgehen kann. Das habe ich auch vor, allerdings machen mir da meine Sprachschwierigkeiten einen Strich durch. Ein  Führer winkt uns zu sich und ruft irgendwas, ich folge den anderen Teilnehmern. Zwischen zwei hohen Felswänden geht es angeseilt im Gänsemarsch weiter und ehe ich mich versehe stehe ich auf einem schmalen Vorsprung, links ein Wasserfall und acht Meter unter mir das dunkle Wasser. Fast zum Greifen nah erscheint mir die endlos hohe Felswand vor mir. Hinter mir warten bestimmt 15 andere Teilnehmer, mehr oder weniger ungeduldig darauf auch nach vorne zu kommen. Verdammt, meine Beine werden ganz schwach. Springen muss ich jetzt eh, also bloß nicht lange warten. Ich habe vorher schon beobachtet wohin die anderen gesprungen sind und kaum dass ich auf dem Sims stehe reiße ich die Arme hoch und springe mit lautem Schrei ab. Wow! Es folgen noch ein paar hohe Sprünge, nur nicht nachdenken „n’est pas reflexion!“.

Irre! Das ganze überwältigt mich total. Die Nacht verbringe ich in der Nähe der Stadt im Wald, aber schon am nächsten Tag bin ich wieder vor Ort. An der Basisstation haben die Veranstalter einen großen (70 Stationen) Kletterparcour, den nehme ich heute noch mit. Das klappt zwar ganz gut, aber es ist viel anstrengender als ich gedacht hätte und nach der Aktion bin ich wirklich am Ende meiner Kräfte. Ich schleppe mich noch zu einem Campingplatz im Nachbarort und bleibe gleich zwei Nächte dort. Der Platz kostet nur 5,33 Euro pro Nacht, ist sauber und es gibt einen Lebensmittelverkauf und kostenlos Internet, also alles was mein Herz im Moment begehrt und ich kann meinen Muskelkater auskurieren.

31.08.2010 – 06.09.2010

Montbel -> Puivert -> Tarascon sur Ariege -> Vicdessos

205 km


Frankreich ist nicht Deutschland, überhaupt nicht. Die Unterschiede sind größer als ich vermutet hätte und dies wird ein Versuch meine Beobachtungen dazu in Worte zu fassen.

Bestandsschutz wird in Frankreich sehr intensiv praktiziert. Während in Deutschland das Bedürfnis vorherrscht Altes durch Neues zu ersetzen weil es nicht mehr zeitgemäß ist, wird in Frankreich nach meiner Beobachtung altes erst ausgetauscht, wenn es seine Funktion wirklich nicht mehr erfüllt. Die alten Gemäuer werden oft durch schwere alte Holztüren und über abgewetzte Steinstufen betreten, die Fliesen und Kacheln haben manche Geschichte zu erzählen und nicht selten befinden sich in den Gebäuden Einrichtungen und Gebrauchsgegenstände aus einem anderen Jahrhundert. Eigentlich fehlt hier an vielen Häusern nur noch das Schild mit der Aufschrift „Museum“. In vielen Orten kommt unweigerlich das Gefühl auf in ein anderes Jahrhundert versetzt worden zu sein. Die Altstadt von Guérande oder der Ort Noyers könnten gute Filmkulissen abgeben. Wenn allerdings eines dieser schönen alten Natursteingebäude repariert werden muss, dann werden oft die brüchig gewordenen Abschnitte des Gemäuers mit normalen, modernen Steinen ausgebessert. Das ist eine Kostenfrage, mit Natursteinen zu mauern ist eine Kunst, die auch hier kaum noch jemand beherrscht.

Diese, recht lieblos geflickten Häuser und die ebenfalls mit mordernem Mauerwerk erstellten Anbauten und Erweiterungen, die oft unverputzt, einen groben, (Stein)-grauen Kontrast zu dem Natursteinmauerwerk direkt daneben bilden, der bröckelnde Putz und die oft großflächigen Abplatzungen, die das darunter liegende Mauerwerk – mal hübsch und (Stein)-alt, mal einfach nur grau und funktional – wieder zum Vorschein bringt, die brüchigen Fensterbänke, die hölzernen Fensterläden und die eisenbeschlagenen, hölzernen Tore und Türen mit den rostigen Beschlägen, von denen die mit der Zeit blass gewordene Farbe abblättert. All dies, wirkt etwas ungewöhnlich auf jemanden der an den deutschen Renovierungswahn gewöhnt ist. Einen Kontrast zu dieser Schluderigkeit – wenn man es so nennen möchte – stellen die stets sauber gefegten Straßen und die sehr gründlich gereinigten und gemähten Randstreifen der Straßen. Mir scheint, in Frankreich wirft kaum jemand seinen Müll auf die Straße, kaum etwas wird beschmiert oder demoliert.

Und dann die Blumen! Für Blumenschmuck findet der Franzose immer und überall ein Plätzchen. Egal wie, egal wo, aber überall blüht die bunte Blumenpracht. Auf fast jeder Brücke sind am Geländer Blumenkästen angebracht und manche Häuser sind über und über mit hübschen blühenden Blumen geschmückt. Irgendeine Nische findet sich immer wo man noch ein paar Blümchen hinstellen kann. Die Orte bekommen Blumenpunkte verliehen und am Ortseingang kann man immer schon sehen wie schön der Ort geschmückt ist. An den Eingangsschildern steht immer wie viele Blumenpunkte der Ort bekommen hat. Ist so was wie in Deutschland das „Unser Dorf soll schöner werden“-System.

Höflichkeit: Die Franzosen sind nett und hilfsbereit, aber sehr diskret, wenn man es positiv ausdrücken möchte, negativ ausgedrückt könnte man sie als desinteressiert bezeichnen. Die Franzosen gaffen nicht, überhaupt nicht und sie stellen keine Fragen. Sie möchten aber auch nicht angegafft werden. Die Franzosen sind nicht neugierig und wahren die Privatsphäre. Das ist für mich als Radler schön, weil ich keine Aufmerksamkeit errege, aber es ist auch schlecht, weil ich hier weniger mit Menschen in Kontakt komme als auf meinen anderen Reisen. Also weniger heißt nicht, gar nicht, aber wenn ich angesprochen werde dann ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Tourist oder ein Zugereister. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, aber es ist auffällig. Sie sind sehr stolz auf sich, ihr Land und ihr Volk, sehr überzeugt von sich und eben auch auf sich konzentriert. Franzosen mögen es nicht zu bedienen. Auch Kellner belästigen ihre Gäste nicht gerade. Auch als Gast wird man in Ruhe gelassen. Das ist ihre Diskretion und auch ihr Stolz, sie rennen dem Gast nicht hinterher, man muss reden, wenn man was will… und das bitte in der gebotenen Form. Sie sind nett und höflich solange man selber nett und höflich ist. Eine unhöfliche gestellte Frage, eine gebellte Forderung fordert den Franzosen heraus. Als Deutscher mit sehr mäßigem Französisch musste ich da ein wenig Erfahrung sammeln. Ein gestammeltes „Ich will Essen!“ oder ein „Ich will Wasser!“ wird verneint, mit Missachtung gestraft, oder man wird zumindest recht abweisend behandelt. Wie viel anders wirkt da ein freundlich hervorgebrachtes „Könnten Sie mir höflicherweise bitte ein wenig Wasser geben?“. Das aber ist eigentlich keine speziell französiche Eingenart, eigentlich sind sich da alle Menschen ähnlich, wird man freundlich und höflich angesprochen reagiert man auch gleich viel freundlicher, hilfsbereiter, aufgeschlossener und höflicher. Wenn man nur in der Lage ist „Gib mir Essen/Wasser/Kaffee!“ zu bellen, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn man sein Gegenüber erstmal vor den Kopf stößt und in der Folge eher abweisend behandelt wird. In Frankreich ist das nur vielleicht etwas ausgeprägter als ich es gewöhnt bin.

Radfahren:

Das Rad ist in Frankreich ein Sportgerät. Fast alle radfahrenden Franzosen sind mittelalte bis sehr alte Männer auf Rennrädern im Rennfahrerdress. Diese Radsportler sind in Vereinen organisiert und fahren meist im Rudel (Pulk). Das Rad als Fortbewegungsmittel dagegen, ist kaum verbreitet, kaum ein Franzose fährt mit dem Rad zum Einkaufen oder einfach von A nach B, noch weit weniger als in Deutschland. Reiseradler treffe ich in Frankreich auch nur sehr wenige. Hier in den Bergen sind Rennradreisende unterwegs, überwiegend Franzosen gefolgt von Amerikanern. Einige fahren mit Minimalgepäck, also meine Werkzeugtasche ist schwerer, und die Reise geht von Pass zu Pass und von Hotel zu Hotel. Andere fahren in Gruppen mit Gepäcktransport wobei sich Auto- und Radfahrer von Tag zu Tag abwechseln. Reiseradler mit Packtaschen sind hier in den Pyrenäen nicht oft anzutreffen.

Campingplätze: Ich vermute, dass Frankreich die höchste Campingplatzdichte überhaupt hat. Kaum ein Ort ohne „Camping Municipal“, ein offizieller Campingplatz, meist ohne besonderen gehobenen Standard, dafür etwas günstiger als die privaten Campingplätze, die es oft noch zusätzlich gibt. Genau das richtige für einen Radler auf der Durchreise, günstig und alles was man wirklich braucht ist vorhanden. Besonderen Luxus, den man eh kaum nutzen kann wenn man nur eine Nacht bleibt, gibt es nicht. Zusätzlich zu den vielen Campingplätzen gibt es vielerorts Wohnmobilstellplätze, die sind kostenlos und auch als Zelter für eine Nacht kann man sich hier hinstellen. Es gibt ein Stück Wiese, wo man sich hinstellen kann, Wasser und Toiletten und  manchmal sogar Duschen, sonst nichts. Die Bevölkerungsdichte ist auf dem von mir bereisten Stück recht gering und als Wildzelter fällt man nicht weiter auf, bzw. wird nicht beachtet. Solange man sich ruhig verhält, keinen Dreck macht und keinen Schaden anrichtet und solange man zeitig wieder verschwindet, sich also so verhält wie es sich gehört hat nach meiner Erfahrung keiner was dagegen.

Essen wie Gott in Frankreich. Da ist was dran. In Frankreich wird gut und gerne und sehr fantasievoll und lecker gekocht. Das französiche Volk ist ein Volk von Gourmets und keinesfalls eines von Gourmands. Übergewichtige Menschen sind äußerst selten, der Durchschnittsfranzose ist eher schlank. Die Meeresfrüchte-Stände sind sehr belebt und zwar sowohl von Käufern vor der Theke als auch von den Auslagen auf der Theke. Die Krabben, Hummer, Muscheln, Austern und Schnecken leben noch während sie -mehr oder weniger geduldig- auf den Märkten und in den Supermärkten auf ihren Genießer warten. Die Käsevielfalt, die zahlreichen guten Pasteten und natürlich der Wein runden das Essen und auch das Bild von der französischen Küche und Lebensart ab.

Die Franzosen, ihr Land und ihre Lebensart sind mir, zugegebenermaßen nach einer gewissen Gewöhnungsphase, sehr angenehm und sympathisch und ich fühle mich sehr wohl in „la belle france“, wobei ich mir gut vorstellen kann, dass man es als Ausländer in Frankreich recht schwer hätte, wenn man hier auf Dauer Fuß fassen möchte.

Wildschweine haben hier im Maisfeld den Mais gefressen

27.08.2010 – 30.08.2010

Vinça -> Ile sur Têt -> Montalba -> Caramany -> Esperanza -> Montbel

165 km



Teilweise herrliche Pisten, die leider nicht alle auf meinen Karten zu finden sind. Schilder mit Ortsnamen gibt es auch nicht. Wenn ich eine Karte der DFCI-Strecken hätte wäre mir schon sehr geholfen. Die Schilder des
Défense des Forêts Contre l’Incendie stehen hier an vielen, wenn auch längst nicht allen Wegkreuzungen. Leider bietet mir die Information, dass die Piste Nummer 12 nach rechts und die Piste Nummer 121 nach links führt kaum eine Orientierungshilfe solange ich nicht weiß wo die Pisten 12, 121, 13 usw. auskommen. Mir bleibt nichts, als mich wieder grob mit Himmelsrichtungen zu behelfen, was hier nicht so gut funktioniert, weil die Pisten teilweise in großem Bogen um die Berge führen und dabei komplett die Richtung wechseln. Ein Mountainbiker, der mich überholt gibt mir eine genaue Wegbeschreibung, aber schon an der nächsten unbeschilderten Weggabelung wäre ich wieder ratlos gewesen, wenn ich nicht den in den Sand geritzten Pfeil entdeckt hätte. Auf meiner weiteren Strecke folge ich diesen Pfeilen, die vermutlich der Mountainbiker für mich überall wo etwas unklar sein könnte auf die Piste gemalt hat. SPITZE!

Da es mich sehr zurück zum Lac de Montbel zieht, verlasse ich irgendwann die Pisten und bewege mich wieder auf asphaltierten, in meinen Karten verzeichneten Strecken. Das ist zwar nicht mal mehr halb so schön, aber so weiß ich wieder wo ich bin.

Sehr auffällig ist jetzt wieder der aufmunternde Zuspruch der Autofahrer. In Frankreich und Spanien habe ich bisher wirklich nur positive Erfahrungen gemacht. Rücksichtsvolles Überholen, motivierendes freundliches Hupen, Winken, gehobene Daumen, anfeuern usw..

Also, wenn ich nach meinen persönlichen Erfahrungen eine Länderliste über die Radfahrerfreundlichkeit der Autofahrer aufstellen würde, wäre Frankreich ganz weit vorne. Leider muss ich zugeben, dass Deutschland ganz weit hinten wäre. Vielleicht noch unterboten von Dänemark.

18.08.2010 – 27.08.2010

Nichts ist besser geworden! Mir bleibt nichts anderes übrig, als meinem Immunsystem den Auftrag zu geben sich der Sache anzunehmen. Mein Job beschränkt sich auf Tee trinken, Kohletabletten und Bananen essen und viel im Schatten liegen. Tagsüber steht mein Zelt in der prallen Sonne und ich liege am kleinen Badestrand der zum Campingplatz gehört. Gegen 17:00 Uhr gibt es am Badestrand keinen Schatten mehr und ich verziehe mich wieder zum Zelt, wo es um diese Zeit wieder langsam erträglich wird. Meine Lebensmittel lagern neben dem Zelt in meinem „Kühlschrank“ wo sie sich gut halten. Der Kühlschrank besteht im wesentlichen aus einem kleinen Loch, das ich in die lockere Erde gegraben habe. Die Vorräte kommen in dieses Loch und darüber kommt eine „Tür“ aus Ästen und und losem Laub. Das ganze wird mehrmals täglich mit Wasser übergossen. Die Verdunstungskälte sorgt für den Kühlschrankeffekt. Diesen praktischen Trick habe ich bei meinem Survival-Training bei Armin Hock kennen gelernt. Ich habe richtig Spaß daran mir so mein Leben hier auf dem Campingplatz etwas angenehmer zu machen. Jeden Tag in den Ort zum Einkaufen zu gehen wäre mir in meiner derzeitigen Verfassung viel zu anstrengend.

Mein Zustand bessert sich ganz langsam und allmählich. Als es etwas besser wird kümmere ich mich um mein Rad, Ritzel, Kette und Bremsklötze tauschen, etc. und mache ein paar kleine Spazierfahrten in der Umgebung. Ich muss dabei allerdings sehr aufpassen mich nicht zu übernehmen. Tue ich etwa zu viel, liege ich am nächsten Tag wieder richtig flach.

Mein Platznachbar ist Lehrer aus Tours, er ist überzeugter Wahlkatalane und kommt seit 30 Jahren jedes Jahr für 50 Tage hier auf diesen Platz. Aus seiner Sicht habe ich mir wirklich den denkbar besten Platz für meine kleine Pause „ausgesucht“….. Glück muss man eben haben 🙂

mein Kühlschrank

14.08.2010 – 18.08.2010

Céret-> Montauriol -> Calmeilles -> Riuros -> Taillet -> Coll dels Pous -> Maçanet de Cabrenys -> Tàpis -> St-Laurent-de-Cerdans -> Arles-sur-Tech -> Corsavy -> Col de la Descargue -> Tour de Batère -> Col Palomére ->Vinça

210 km


Von Céret aus starte ich nach ein paar Tagen Aufenthalt mit einem schönen und völlig sinnfreien Schlenker. Nicht besonders zielorientiert verbringe ich die Nacht wieder ganz in der Nähe von Céret unter einer gewaltigen, alten, geradezu mystisch wirkenden Korkeiche. In der Nacht kündigt sich Besuch an. Langsam nähert sich grunzend und schmatzend eine kleine Rotte Wildschweine, die aber kaum, dass sie mich bemerken wild und panisch die Flucht ergreifen.

Ich möchte zurück über die spanische Grenze. Anhand der Karte kann ich nicht richtig erkennen, ob die Strecke durchgängig befahrbar ist. Es wäre schon etwas frustrierend sich ca. 1000 Meter hoch zu kämpfen, um dann doch in einer Sackgasse zu landen. Alle Radfahrer, die ich unterwegs befrage raten mir ab. Sie sind sich alle „ziemlich“ sicher dass die Piste zu steil und viel zu schlecht ist…. Der Weg ist das Ziel und wenn es gar nicht mehr weitergeht kann ich mich ja einfach umdrehen und wieder runterrollen. Alle Warnungen und meine Unsicherheit entpuppen sich als überflüssig. Die Strecke ist beeindruckend, schön, weit davon entfernt zu schlecht oder zu steil zu sein. Die Nacht verbringe ich auf dem Col dels Pous und damit genau auf der Grenze zwischen Frankreich und Spanien.

Die Piste vom Col dels Pous Richtung Maçanet de Cabrenys ist ein echtes Highlight, endlos windet sich die Strecke den Berg hinunter. In Tapis, einem winzigen hübschen Örtchen ist mir die Tasse Kaffee, die ich meiner Meinung nach absolut verdient habe, scheinbar nicht vergönnt. Die Bedienungen und Besitzer von dem Restaurant wollen keinen einzigen der zahlreichen freien Plätze für einen „Nur Kaffee-Kunden“ hergeben, es könnte ja noch ein zahlungskräftiger Gast zum Essen erscheinen. Nach einigem Hin undHer und lästiger Diskussion bekomme ich widerwillig doch noch meinen Kaffee, den ich nach dem ganzen blöden Gerede schon gar nicht mehr haben möchte. Kurze Zeit später bin ich schon wieder in Frankreich.

Der Anstieg von 300 auf 1439 Meter über den Col-de-Descargue zum Tour-de-Battère ist das nächste Highlight und die Aussicht von der alten Turmruine aus ist heute grandios. Schade, dass ich nicht mehr genug Wasser habe, um heute Nacht hierzubleiben. Schade auch, dass mich auf der, übrigens ebenfalls erstklassigen Abfahrt der nächste Platten dieser Tour heimsucht. So viele Platten wie auf dieser Frankreichtour hatte ich schon lange nicht mehr.

Nach einer Nacht bei Baillestavy rolle ich müde und irgendwie angeschlagen bis Vinça und lasse mich dort schon morgens um 11:00 Uhr auf dem Campingplatz nieder. Nach einem langen Gespräch in der prallen Sonne bin ich endgültig erledigt und sogar zu müde zum Kochen. Der Versuch mir was Gutes zu gönnen scheitert kläglich, die Pizza, die ich mir aus dem Ort hole schmeckt übelst. Genau so geht es mir gegen Abend dann auch, Übelkeit, üble Kopfschmerzen… Das sieht nach einem erneuten Sonnenstich aus, oder hat die Pizza vielleicht nicht nur schlecht geschmeckt, oder hat das Bachwasser in meinen Trinkflaschen bei intensiver Sonnenbestrahlung ein mir schlecht bekommendes Eigenleben entwickelt???

Egal, morgen ist wieder alles besser! Hoffe ich!

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