Pyrenäen Tour


09.08.2010 – 10.08.2010

Port de la Selva -> Garriguella -> Sant Quirc de Colera -> Mas Pils -> Espolla -> La Vajol -> Las Illas -> Céret

105 km


Vorbei an dem Benediktinerkloster Sant Pere de Rodes, das mir in den letzten Tagen immer wieder angepriesen wurde. Ich genieße hier vor allem die Aussicht und die Vorfreude auf die sich anschließende kurvenreiche Abfahrt. In dieser Nacht habe ich in meinem offenen Zelt ohne Innenzelt reichlich Gelegenheit die einheimischen Mücken zu füttern, was mich bis tief in die Nacht beschäftigt. Am nächsten Morgen kann ich deutlich sehen, dass ich gute Arbeit geleistet habe und gebe den Versuch die Einstiche auf meinen Handrücken zu zählen recht bald auf, die Haut sieht in etwa aus wie Sandpapier oder eine Rauhfasertapete.

Von La Vajol aus geht es in ca. 700 Metern Höhe zurück nach Frankreich. Von da an kann ich rollen lassen.

Sant Pere de Rodes

Grenze Frankreich Spanien in der Nähe von Las Illas

05.08.2010 – 08.08.2010

Port de la Selva


Ich stehe früh auf und rolle die letzten Meter vom Campingplatz in den Ort. Port de la Selva ist ein kleiner, schöner und belebter Ort. Hier gibt es alles was ich brauchen könnte. Also Internetcafes, eine unschlagbar günstige Möglichkeit meine Fotos auf DVD’s zu brennen (3,- Euro!), Ich kann hier eine Tauchermaske kaufen und  mir mit diesem Hilfsmittel auch gleich in den zahlreichen Badebuchten Fische, Seeigel, Tintenfische und Seesterne anschauen. Wenn ich genug habe vom Planschen im Meer lege ich mich an den Strand und gegen Abend ziehe ich mich zu einem fantastischen Schlafplatz zurück von wo aus ich leicht den Ort überblicken kann. Ich sehe der Sonne zu wie sie im Meer versinkt und von dem herrlichen klaren Sternenhimmel abgelöst wird. Ich suche Sternbilder und das Band der Milchstraße und sehe den Sternschnuppen beim Verglühen zu.

Wenn ich gerade nicht im blauen Meer bade, am sonnigen Strand liege oder in den Sternenhimmel schaue, sitze ich in einem der Internetcafes, dort lerne ich unter anderem Ben kennen, der innerhalb der letzten 74 Tage den Pyrenäen folgend vom Atlantik bis zum Mittelmeer gewandert ist. Seine Bilder und seinen Reisebericht veröffentlicht er auf seiner Seite http://www.bencollinsphotography.com.

Auf dem GR 11 versuche ich von hier aus noch mal zum Cap de Creus zu kommen, aber ich muss auch hier einsehen, dass die Strecke für mich auch aus dieser Richtung unbefahrbar ist.

01.08.2010 – 04.08.2010

Escala -> Roses -> Montjoi  -> Cadaqués ->
Cap de Creus ->
Port de la Selva

115 km


Nach einem letzten gemeinsamen Frühstück mache ich mich gestärkt und ausgeruht wieder auf den Weg. Bis Roses fahre ich durch Apfel- und Olivenplantagen, von dort geht es auf einer herrlichen Strecke und teilweise über Pisten nach Montjoi. Von Montjoi nach Cadaqués gibt es eine Piste auf der das Radfahren richtig Spaß macht. Die Piste ist teilweise für den Autoverkehr gesperrt und die Barrieren sind auch mit einem beladenen Fahrrad nicht zu durchfahren. Mir bleibt nichts anderes übrig als das Gepäck abzuladen und Rad und Taschen über  die Barriere zu wuchten. Es lohnt sich! Nachdem das geschafft ist habe ich die Piste dahinter für mich allein.

Über Cadaqués fahre ich weiter zum Cap de Creus, dem östlichsten Punkt Spaniens, bzw. der iberischen Halbinsel. Die Landschaft hier ist rauh.
Zerklüftete, verwitterte Felsen lassen immer wieder ungewöhnliche und faszinierende Strukturen entdecken. Das Cap de Creus selbst ist ein Ende der Welt, eine Sackgasse. Ich liebe es an so einem Ende der Welt anzukommen. Schade ist nur, dass ich von hier auf dem gleichen Weg zurück muss. Das mag ich gar nicht.  Hier geht es beim besten Willen nicht mehr weiter, hier heißt es umdrehen und auf dem selben Weg wieder zurück. Auf dem selben Weg? Es gibt hier einen Wanderweg nach Port de la Selva der allerdings nicht gerade für Tourenradler geeignet ist. Ich bin mir so gar nicht sicher, ob die Strecke für mich befahrbar ist aber versuchen kann ich es ja mal. Der Weg ist der Anfang, bzw. das Ende des Fernwanderweges GR 11 , der über die Pyrenäen vom Atlantik bis zum Mittelmeer verläuft.

Zuerst verfahre ich mich und folge dem alten Verlauf des kürzlich umgelegten Weges. An einem einsamen Hof, das einzige Haus, das ich auf der Strecke zu sehen bekomme, weisen mich drei große nicht angeleinte Hunde deutlich auf meinen Fehler hin. Unmissverständlich legen sie mir nahe, dass ich hier verschwinden soll und den Gedanken den Hof (ihren Hof) zu betreten soll ich mir gleich abschminken. Ich steige ab und versuche mit ihnen zu reden, aber da ist nichts zu machen. Sie bellen und knurren ohne mir zuzuhören“Verschwinde! Zieh Leine! Du hast hier nichts zu suchen!“ Und damit haben sie sogar recht.

Der Abzweig auf den neuen, den richtigen Weg ist schnell gefunden. Die Piste wird allerdings schlechter und immer schmaler. Schmal und von dornigem Gestrüpp überwuchert folge ich dem Weg mehr schiebend als fahrend immer  weiter. Als der Wanderweg noch schwieriger wird und ich mehr tragen als schieben muss gebe ich nach ein paar hundert Metern auf und drehe wieder um. Es ist nicht abzusehen wie lange das noch so weitergeht und ob es vielleicht noch anspruchsvoller wird.

Ich finde immerhin noch eine abzweigende Piste nach Cadaqués und muss nicht ganz bis zum Cap de Creus zurück. Die ganze Aktion hat, obwohl es nicht ganz so gelaufen ist wie ich mir vorgestellt habe riesigen Spaß gemacht. Die Pisten hier durch den Naturpark Cap de Creus sind ganz nach meinem Geschmack. Hier könnte ich mich gut eine Weile aufhalten und die verschiedenen Wege abfahren/abwandern.

Von Cadaqués aus bleibt mir nur eine stark befahrene Straße über den Berg nach Port de la Selva. Die Sonne brennt heiß und ich fühle mich überhaupt nicht in der Verfassung die ca. 350 Höhenmeter auf verkehrsreicher Straße zu überwinden. Aber mir bleibt nichts anderes übrig, in Cadaqués möchte ich mich nicht wirklich lange aufhalten.

Venga! Venga!

Die spanischen Autofahrer sind super nett! Ich ernte viel Anerkennung und Aufmunterung auf der kleinen Bergstrecke. Viele aus dem Fenster gehaltene Daumen, viel aufmunterndes Hupen und reichlich motivierende Zurufe. Einige lehnen sich aus dem Autofenster und feuern mich regelrecht an. Es herrscht eine super Stimmung auf der Straße und diese kleine Bergetappe fällt mir durch diesen Zuspruch deutlich leichter. Ich würde mich nicht mehr wundern, wenn gleich einer aussteigt und mich anschiebt. An der viel zu heißen Sonne ändert das leider nichts.

Kurz vor Port de la Selva mache ich mit Kopfschmerzen und Übelkeit Station auf einem Campingplatz. Hier bleibe ich zwei Nächte, um meinen Sonnenstich auszukurieren.

27.07.2010 – 01.08.2010

Tagsüber liege ich am Pool oder lasse mich auf dem aufblasbaren Krokodil in dem Pool treiben. Das geht so lange gut, bis die Kinder Ihr Schwimmtier hartnäckig für sich beanspruchen. Der Kampf um das Krokodil wird hart aber fair ausgetragen und kann den ganzen Nachmittag dauern. Am Ende muss ich mich allerdings immer geschlagen geben, liege im Wasser und das Krokodil hat den Besitzer gewechselt.

27.07.2010

Ille-sur-Têt -> Caixas -> Argelès-sur-Mer -> Col-de-Banyuls -> L’Escala

155 km


Bis Caixas fahre ich auf einer traumhaft schönen, bergigen Waldstrecke. Hier stehen reichlich Korkeichen die größtenteils bereits „abgeerntet“ wurden, man hat den Eichen gewissermaßen die Hosen ausgezogen. Abgesehen von ein paar Rennradfahrern, die alle sehr überrascht sind mich hier in den Hügeln zu sehen, bin ich alleine auf der Strecke.

Argelès-sur-Mer mit Argelès-Plage: OK, zum ersten Mal in meinem Leben sehe ich das Mittelmeer. Ich hatte noch nie das Bedürfnis hierher zu kommen. Strand, Sonne und Trubel schrecken mich in der Kombination doch sehr ab. Jetzt wo ich hier bin finde ich es nicht halb so schlimm wie erwartet, aber ich bin ja auch gleich wieder weg. Der Strand allerdings ist für mich eine nicht betretbare Zone. Eine riesige Sandfläche ohne auch nur einen Hauch von Schatten, nur gleißende, alles vernichtende Sonne. Ich schieße mein Foto vom Rand aus und fahre weiter.

Die eigentlich geplante Strecke über den Col de Mollo ist leider als gesperrt gekennzeichnet, so muss ich ein kurzes Stück Hauptstraße fahren. „Ekelhaft“, Kopf abschalten und die 6 Kilometer abrollen. Bei Banyuls-sur-Mer geht es auch schon wieder auf super schöner, allerdings mit 18% für mich eindeutig zu steiler Strecke weiter auf den Col de Banyuls.

Spanien begrüßt mich mit einer ruhigen, beschaulichen Strecke, Rindern auf der Straße und ein paar kleinen – vier Haus ein Hof – Orten. Alles wunderbar bis ich auf die C-31 komme. Diese „gelbe – überregionale Verbindungsstrecke“ ist ausgebaut wie eine Autobahn. Auf dem breiten Seitenstreifen ist Radfahren sehr sicher und entspannt, aber da man so gar nichts zu sehen bekommt – nur Straße und Leitplanke – überhaupt nicht abwechslungsreich, totlangweilig und sehr ermüdend. Oder liegt das vielleicht an den heute gefahrenen Kilometern und dem geschobenen Col de Banyuls?

Als ich bei meiner Gastfamilie (siehe auch hier „Dodge Charger Restauration“ und hier „Limousin Rinder„) an ihrem Ferienhaus , in Escala ankomme ist keiner da. Ich komme aber auf den Hof und kann mich unter der Gartendusche frisch machen. Neben dem Pool lasse ich mich nieder, koche mir lecker Nudeln und öffne entspannt und glücklich eine Dose Bier.

26.07.2010

Renne-les-Bains -> Bugarach -> Gorges de Gàlamus -> Caramany -> Ille-sur-Têt

65 km


Zufällig, wie eigentlich immer, komme ich heute gleich an drei Sehenswürdigkeiten vorbei.

Zunächst führt mich meine Route durch Bugarach und damit vorbei am Bugarach (Berg).  Noch zufälliger treffe ich hier Erich. Erich, der erste Deutsche überhaupt, der mir auf dieser Tour begegnet berichtet mir von den zahlreichen alten und auch sehr neuen Mythen und Legenden, die sich um den Bugarach und die Katharer ranken. Die Burg auf dem „Pech de Bugarach/Lichterberg“ soll die letzte Festung der Katharer in ihrer Auseinandersetzung mit den päpstlichen Truppen hier gewesen sein.

Gorges de Gàlamus:

Auf meiner Karte als schwierige, gefährliche und schöne Strecke  eingezeichnet, zieht mich diese Strecke an. Das könnte ja interessant werden! Wird es! Die vom „Pech de Bugarach“ kommende Agly hat mit dieser Schlucht ein großartiges Naturwunder erschaffen. Ich nehme mir viel Zeit für dieses Stück und die Leute, die ich am Grund der Schlucht beim Canyoning beobachten kann bringen mich auf die Idee, das auch mal zu versuchen… später mal.

les Orgues d’Ille-sur-Tet:

Diese über sehr lange Zeiträume gebildete markante, an Orgelpfeifen erinnernde Gesteinsformation ist durch ständige Erosion weiterer Veränderung unterworfen. Man kann sie auch direkt besichtigen, aber schon der Blick von der Straße aus ist lohnend.

17.07.2010 – 23.07.2010

Tarnos -> Bidache -> Laas -> Aren -> Arudy -> Lanne -> Montrejeau -> St. Gaudens -> Audinac -> Col de Portel -> Col de Port

460 km

Temperaturen vergleichsweise erträglich, etwas Regen der zusätzlich abkühlt.



In Frankreich gibt es an jeder Ecke verschiedenste und teilweise aufs übelste verschimmelte (der Kenner spricht von veredelt)  Käsesorten. Freilich ist der Großteil dieses farbenfrohen Sortiments auch in Deutschland erhältlich, aber hier in Frankreich drängt sich die Käsetheke, wie übrigens auch die Meeresfrüchte, doch sehr in den Vordergrund. Ich versuche mich nach und nach an diesen Käsekuriositäten. Die meisten sind überraschenderweise wirklich essbar. Ich will nicht so weit gehen sie als lecker zu bezeichnen, aber – sagen wir interessant. 🙂 Was man in Frankreich nicht unbedingt dem Gastgeber sagen sollte, da „C’est intéressant“ hier eine höfliche Version von „Schmeckt nicht!“ ist und so leicht als Beleidigung aufgefasst werden kann. Ich meine jetzt also „interessant“ in einer weniger französischen Bedeutung.

Jedenfalls kaufe ich mal wieder eines dieser interessanten Päckchen  und beim Öffnen erzeugen Geruch und Aussehen „spontane Ablehnung“ – um meine wahren Empfindungen mal französisch, diplomatisch, abgeschwächt auszudrücken.

Probieren ist Pflicht! Nach wenigen Versuchen gebe ich aber auf, verschließe und entsorge das Päckchen. Am Abend habe ich Durchfall und Magenschmerzen, was aber auch andere Gründe haben kann oder eine eingebildete Reaktion ist. Es drängt sich mir im Moment die Frage auf „Wie erkenne ich bei mir unbekanntem Schimmelkäse, dass er schlecht geworden ist?“ Aufkommender Ekel ist kein eindeutiges Indiz für die nicht Essbarkeit. Bei der ersten Begegnung mit z.B. einem Harzer Roller ging es mir auch nicht besser… und bei der zweiten und dritten auch nicht.

Die gewaltigen Berge der  Pyrenäen zu meiner Rechten, radel ich immer noch recht zielstrebig durch die hügeligen Ausläufer des Gebirgsmassivs. In einigem Abstand zur Küste  wird die Gegend von einem großen Wald dominiert. Die Temperaturen sind insgesamt erträglich im Moment, es hat sich etwas abgekühlt und regnet auch manchmal ein wenig was zusätzliche Kühlung verschafft.

Dass mir die Kette reißt war abzusehen, ich hätte sie längst austauschen oder zumindest ölen sollen. Die hier zahlreich auftretenden amerikanischen Rennradfahrer bieten mir im Vorbeifahren hilfsbereit ihre Unterstützung an. Ich nehme das Erlebnis zum Anlass, mich endlich mal wieder um Öl für die Kette zu kümmern. Mein Kettenöl ist leider ausgelaufen und schon seit längerem leer. In Bayonne habe ich dummerweise nicht daran gedacht und ansonsten stoße ich auf nicht besonders viele Fahrradgeschäfte auf meiner Route. In der nächsten Autowerkstatt wird mir schnell und unkompliziert ausgeholfen.

Ich treffe Petra aus Holland. Mit der ersten Tourenradlerin, die mir auf dieser Tour begegnet halte ich einen längeren netten Plausch am Wegesrand. Petra fährt die Pyrenäen entlang von Ost nach West, auf französicher Seite und trifft ihre Familie am Atlantik. Sie hat eine nette und zuendegedachte Geschäftsidee und auch schon die passende Internetseite dazu, nur sich dazu durchringen ihre Idee  auch umzusetsen konnte sie sich bisher nicht.

Hunde mögen keine Radfahrer, bzw. sie mögen sie besonders gerne, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall stürzen sie sich mit Vorliebe und lautem Gebell auf diese  plötzlich und geräuschlos daherkommenden seltsamen Gefährte auf zwei Rädern. Hier in Frankreich ist normaler- und glücklicherweise ein Zaun zwischen dem Radfahrer – also mir – und dem Hund. Normalerweise, aber nicht immer. Heute werde ich beim Durchfahren eines kleinen Dorfes gleich von fünf Hunden gleichzeitig begrüßt. Zwei kommen von hinten rechts und drei von vorne links. Da mir so etwas nicht zum ersten Mal passiert habe ich mal nach Tipps für solche Situationen gesucht und ein Tipp war “ (1)anhalten, (2)absteigen, (3)das Rad zwischen sich und die Hunde bringen, (4)und langsam weiter gehen…. OK Teil 1,2 und 4 kann ich jetzt mal ausprobieren… Teil 3 wird schwierig im Moment. Aber es funktioniert auch so, die Hunde ziehen sich fast augenblicklich zurück.

Am letzten Tag dieses Reiseabschnitts steht meine erste Bergetappe an. Die Pässe sind für Radler ausgeschildert und mit mittleren und maximalen Steigungsangaben versehen. Zunächst aufwärts über den Col de la Crouzette auf den Col de Portel (1432 m) dann geht es steil durch eine waldige Strecke bergab und dann wieder aufwärts auf den Col de Port (1250 m).

Das Wetter ist heute regnerisch, kalt, teilweise sehr kalt und neblig. Der Wald ist durch Nebel und Regen mystisch verwandelt und die wenigen Menschen, die ich in den winzigen Ansiedlungen treffe sind freundlich und genauso glücklich und zufrieden wie ich.

Obwohl es noch viel zu früh ist bleibe ich heute auf dem Col de Port. Von hier aus habe ich eine grandiose Aussicht und in dem kleinen Info Center kaufe ich mir noch ein Stück Ziegenkäse von einem Hof aus der näheren Umgebung… Beim Auspacken stelle ich fest, der Käse ist nicht verschimmelt und schmeckt würzig und lecker 😉

12.07.2010 – 16.07.2010

Mein Aufenthalt in Bayonne ist zweigeteilt. Zuerst besuche ich Nicole, die allerdings leider schon am nächsten Tag in Urlaub nach Portugal fährt. Ich kann mich aber weiterhin dort aufhalten. Ihre Söhne Mathieu und Yohan wohnen zur Zeit dort und ich habe Gelegenheit sie ein wenig kennenzulernen.

Mathieu Dupuy ist professioneller Street Skater. Er arbeitet für einen Hersteller von Boards, von Schuhen und einen Bekleidungshersteller. Er und andere Street Skater werden für Presentationen in verschiedene europäische Großstädte geflogen. Dort ziehen sie ihre Show ab und wenn sie Glück haben können sie auch noch ein paar Tage länger bleiben. Er ist schon ganz schön rumgekommen auf diese Weise und hat vermutlich schon alle europäischen Hauptstädte gesehen. Auch in Marokko und China hatten sie schon Events. Schaut euch die Videos mal an, ist echt beeindruckend. Knochenbrüche sind in diesem Job nicht ausszuschließen. Also Mathieu, pass auf dich auf!

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Yohan Dupuy ist freischaffender Künstler. Er erstellt Grafiken zum Beispiel für Fantasy Spiele, Cover von Spielekartons und Fantasy-portraits. bei den Fantasy-portraits schickt man ihm ein Foto von einer Person und er erstellt auf dieser Grundlage ein Bild von dieser Person in einer surrealen, fantastischen Umgebung.

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Mein Tretlager ist hin. Die Anzeichen sind die gleichen wie auf meiner Tour in Island. Damals war kein Ersatz zu beschaffen und die Reparatur hat sich sehr in die Länge gezogen. Ich fahre also zum Fahrradgeschäft und stelle mich auf eine längere Aktion ein. Zuerst schickt man mich ein wenig hin und her, dann spreche ich endlich den Mechaniker. Er ist recht hektisch und meint erstmal ich solle schnell schon mal alles auseinanderbauen, er guckt sich das gleich an, und schon ist er wieder verschwunden. Er scheint schwer unter Zeitdruck zu stehen. Als er zurück kommt stellt er fest, dass nicht das Lager hin ist sondern das Gewinde im Rahmen. Zuerst meint er noch, er könne das nicht nachschneiden, dann holt er doch den passenden Gewindeschneider und Ruck Zuck sitzt das Lager wieder fest. Geld möchte er zu meiner Überraschung nicht mal haben. Ich schraube also wieder alles zusammen und stelle die Schaltung nach. Hochzufrieden mache ich mich auf den Weg zu meinem momentanen zu Hause.

Nach ein paar Tagen Pause im Haus von Nicole mache ich mich auf den Weg zum Strand „Plage du Métro“ in Tarnos. Ich fahre über einen alten Weg, der sich in bemitleidenswertem Zustand befindet.  Vorbei an einigen „Resten“ von Bunkern aus dem zweiten Weltkrieg. Größtenteils bunt bemalt fügen sie sich wie Kunstwerke in die Landschaft ein. Ein paar Zelte stehen dazwischen und wenn ich nicht eine Verabredung mit Yohan und ein paar seiner Freunde am „Plage du Métro“ hätte würde ich auch hier bleiben. Der Weg endet leider vor einem großen Sandberg, ich entdecke hinter dem Berg eine Straße und schiebe mein Rad durch den Sand. Dabei kommt, schon aufgrund der vielen Stachelpflanzen ein echtes Wüstenfeeling auf 😉 . Abgesehen davon kann ich schon mal trainieren,  denn auf dem Weg zum Treffpunkt geht es noch mal ein gutes Stück durch den Sand.

Die Wellen sind gewaltig und die Brandung schlägt donnernd auf den Strand. Die Sonne, der Wind und diese unbeschreibliche Brandung machen den Tag hier zu einem sehr besonderen Erlebnis. Am Abend kommen Yohan, Audry und Silvy dazu und wir sitzten bis tief in die Nacht am Lagerfeuer. „Am zweiten Lagerfeuer“ das erste hat uns eine vorwitzige Welle, der ungewöhnlich weit auf den Strand kommenden Flut, gelöscht. Die Löschwelle ist erst einen halben Meter vor meinem Lager ausgelaufen, danach hat sich das Wasser zum Glück wieder zurückgezogen. Unter meiner Anleitung backt Yohan sein erstes Stockbrot, wovon er sehr begeistert ist.

Wenn man im Mondlicht im nassen Sand scharrt funkelt der Boden kurz wie ein Sternenhimmel. Das sind irgendwelche besonderen Algen, die kurzzeitig das Mondlicht reflektieren…. genau weiß ich nicht wie das funktioniert, aber es sieht zauberhaft aus. Der ganze Tag, erst die Bunkerstraße, dann das Meer und der Strand und schließlich der Abend haben eine ganz tolle, besondere Atmosphäre. Ich habe mir schon heute früh vorgenommen, die Tour ab jetzt wieder etwas langsamer angehen zu lassen und dieser Tag ist ein guter Wendepunkt.

Den nächsten Tag verbringe ich alleine hier am Strand und genieße die Atmosphäre. Dann geht es weiter Richtung Mittelmeer.

05.07.2010 – 12.07.2010

Nevers -> Bayonne

780 km

unverändert Heiß! vielleicht noch schlimmer als im letzten Abschnitt

Nach zwei Tagen Pause im Garten einer Familie, die ich auf der letzten Tour kennengelernt habe (chambre d’hotes, die Familie ist leider nicht da, aber nach einem Anruf erlauben sie mir im Garten zu schlafen) geht es weiter. Ich komme in einen guten Fahr-und-Schlaf Ryhtmus. Bin morgens sehr früh unterwegs und schlafe mittags nach dem Essen für gute zwei Stunden irgendwo im Schatten, meist im Wald. Danach fahre ich bis kurz vor Sonnenuntergang. Abgesehen von einem Tag Pause auf einem von Holländern geführten „Camping à la ferme“ bin ich jeden Tag unterwegs. Ich fahre für meine Verhältnisse weiterhin recht lange Etappen zwischen 90 und 165 Kilometern.

Ich habe mich schon an anderer Stelle über Nacktschnecken ausgelassen, diesmal erwischt mich eine voll und kriecht mir während einer Schlafpause in meinen Hut. (Das nehm ich persönlich!) Es ist unglaublich was für Schleimmengen diese Viecher hinterlassen können und ebenso unglaublich wie schwer es ist den Schneckenschleim wieder rauszuwaschen.

Meine Route führt mich durch eine der am dünnsten besiedelten Regionen Frankreichs, durch die Region Limousin, die nach den überall hier anzutreffenden Rindern benannt wurde. Die Limousin-Rinder sind eine Fleischrasse, also keine Milchkühe, die auch auf der Pedd-Farm, bei der ich eine Weile gearbeitet habe gezüchtet werden. In der hügeligen Landschaft geht es für mich bis auf 700 Meter Höhe.

Die Sonne lässt den Asphalt kochen. Der Straßenbelag wirft Blasen, die beim Überfahren zerplatzen und das Bitumen bleibt an meinen Reifen kleben. Das kann nicht gut sein für meine, eh schon fast durchgefahrenen Reifen. Vor mir kommt ein Traktor ins Schlingern, genauer der Anhänger… ich auch. Vor Schreck? Oder weil ich auf dem glitschigen Bitumen ausgerutscht bin? Keine Ahnung, ich lande im Graben und kann einen Sturz gerade noch verhindern. Der Traktor steht. Einer der Reifen am Anhänger ist platt, schwarz glänzend und deformiert, man könnte fast meinen der Reifen sei geschmolzen. Das klebrige Bitumen ist nicht gut für die Reifen, das hatte ich mir ja schon gedacht.

Massiv verändert sich die Landschaft, als ich in Langon in den „Parc Naturel Regional des Landes de Gascogne“ fahre. Die Orte in diesem großen, überwiegend mit Pinien bewachsenen und absolut flachem Waldgebiet liegen weiter auseinander und wirken auf mich völlig anders. Vermutlich durch ihre isolierte Lage im Wald. Auf den ca. 20 Kilometer langen Strecken zwischen den kleinen Orten begleitet mich laut und unaufhörlich das Zirpen der Zikaden oder Grillen.

Bei Peyrehorade stehe ich plötzlich vor, bzw. unter einer Eisenbahnbrücke, die ich auf der Karte mit einer für Autos, Fußgänger und Radfahrer verwechselt habe. Als ich meinen Fehler einsehen muss, habe ich aber überhaupt keine Lust mehr zurückzufahren. Ich suche eine Weile bis ich den kleinen, von Brombeeren und Brennesseln völlig verwachsenen Trampelpfad auf dem Bahndamm finde. Auf dem Weg ist es gerade noch möglich mein Rad hochzuschieben. Neben den Schienen kann ich mein Rad „zügig“ über die Brücke schieben und finde zum Glück auf der anderen Seite einen ähnlichen Weg wieder zur Straße.

Gegen 12:00 Uhr komme ich in Bayonne an, wo ich von Nicole, die ich in Marokko kennengelernt habe, und ihrer Familie sehr freundlich aufgenommen werde. Hier mache ich ein paar Tage Pause. Ich warte auf einen neuen Reifen „Schwalbe Marathon Plus Tour“ den mir meine Mutter postlagernd nach Bayonne geschickt hat. Werde versuchen mein wackelndes und klopfendes Tretlager repariert zu bekommen. Daneben muss ich mein Tagebuch, dass ich in letzter Zeit kaum geschrieben habe, nachtragen und ich möchte, dass sich die Haut unter der großen Blase an meiner Fußsohle erholt. Vor zwei Tagen habe ich die Blase an einem sehr heißen Tag, nach einer offensichtlich viel zu langen Etappe leider erst am Abend bemerkt.

Limousin Rinder

Limousin Rinder

Limousin Rinder

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