19.07.2012 – 21.07.2012
Die Strecke ab Gaesavatn zeigt sich mir heute in leichtem nebelgrau, fast konturlos. Das Wetter ist ebenso. Weder Fisch noch Fleisch. Ein feiner Nieselregen liegt die meiste Zeit über in der Luft. Die Kälte kriecht unter alle Kleidungsschichten. Die Piste ist gut zu fahren, und da sich die Strecke nur in leichten Wellen auf und abwärts bewegt kann ich recht gleichmäßig durch die einförmige Landschaft fahren. Menschen oder Autos begegnen mir auf der Strecke keine.
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6:30 Uhr auf dem Weg nach Nyidalur
Brücke: Skjalfandafljot
Diese meditativen Strecken werden heute aber immer wieder von kleinen und größeren Furten unterbrochen. Teilweise lassen die Furten sich durchfahren, aber oft bleibt mir nichts anderes übrig als das Rad durchzuschieben. Die Sandalen, die ich mir zu diesem Zweck mitgenommen habe sind unverzichtbar. Das häufige Umziehen der Schuhe wird zur lästigen Routine und bremst mein Tempo deutlich. Das Wasser ist kälter, als das ich es noch als erfrischend bezeichnen würde. Ich werte es als durchblutungsfördernde Kneippkur.
Furten auf der F910
Das gibt kalte Füße
Ein Hindernis auf der F910
Eine der letzten Furten bevor die F910 auf die F26 stößt wird zur Herausforderung. Das Wasser fließt schnell und der Untergrund aus grobem Geröll sieht nicht vertrauenserweckend aus. Ich mache große Augen als ich sehe wie „Kiesel“ die in etwa so groß sind wie meine Vorderradtaschen von der Strömung durch den Fluss bewegt werden, langsam zwar aber doch besorgniserregend. Ich suche mir eine Stelle, die mir geeignet erscheint und teste erstmal ohne Rad ob ich hier gut durchkomme. WOW! Die Strömung reißt mit Kraft an meinen Beinen. Keine zwei Schritt und ich gebe auf, gehe wieder zurück und bin froh in dem reißendem Wasser auf dem unregelmäßigem Untergrund nicht den Halt verloren zu haben.
Für solche Furten habe ich mir Wanderstöcke mitgenommen, um hier besseren Halt zu haben. Meine Packtaschen befestige ich an einem Seil, dass ich mir zum Schulter-Brustgurt gebunden habe. Diesen improvisierten Brustgrut kenne ich vom Klettern, wobei man den Brustgurt zusammen mit einem zweiten Seil, dass man zum Sitzgeschirr bindet verwenden kann. Jeweils zwei Taschen kommen an den Brustgurt. So habe ich die Hände frei für die Wanderstöcke und komme sicher durch die Furt. Dreimal muss ich für die Taschen gehen und bin von meiner Idee begeistert. Falls es mich doch hinschmeißt geben mir die Taschen sogar noch Auftrieb.
Das Rad wird zum Problem. Aber bei den vorherigen Durchquerungen habe ich nach und nach eine geeignete Strecke durch die Furt gefunden und komme mit dem Rad auch irgendwie durch.
Zum Glück dauert es nicht sehr lange bis die Schmerzen in den eiskalten Füßen wieder nachlassen.
Die letzte Furt des Tages, kurz vor Nyidalur gilt als besonders schwierig, aber ich habe Glück. Die Furt führt heute recht wenig Wasser und ich komme entspannt durch und erreiche Nyidalur sehr früh am Tag.
Ranger und Rettungsteam haben mich schon an der Furt gesehen, fangen mich ab und versorgen mich mit Kaffee, Keksen und der Information, dass ein Sturm aus Richtung Landmannalaugar angesagt ist. Zu erwartende Windgeschwindigkeiten von 20 m/s. Ich hätte zwar noch einen Tag Gnadenfrist, aber wenn ich es morgen nicht bis Landmannalaugar schaffe, dann habe ich den Wind im Gesicht.
20 m/s im isländischen Hochland kenne ich noch recht gut von meiner letzten Tour 2007. Je nachdem wie sich das entwickelt ist das irgendwas zwischen ungemütlich, anstrengend und gefährlich. Jedenfalls muss ich mir das nicht antun wenn ich schon gewarnt werde. Ich überlege den Sturm hier auszusitzen, dass könnten aber leicht 5 Tage werden. Letztlich entscheide ich mich umzudrehen und Richtung Akureyri gewissermaßen vor dem Sturm aus dem Hochland zu fliehen.
letzte Furt vor Nyidalur
Nyidalur Mountain huts: In Nyidalur lässt es sich aushalten. Neben dem Campingplatz gibt es eine Schlafsackunterkunft mit reichlich Platz für Gäste. Eine Küche in der man sich selber bekochen kann und warme Duschen. Ein Platz zum wohlfühlen, aber nicht unbedingt ein Platz zum lange verweilen.
Ich verlasse Nydidalur
Früh am nächsten Morgen breche ich zusammen mit den beiden Engländern Ben und David Richtung Laugafell auf. Die Strecke ist gut befahrbar und die wenigen Furten sind unproblematisch. Während wir in dem traumhaften Hot Pot von Laugafell sitzen und es uns gut gehen lassen erreicht uns das schlechte Wetter. Der Regen hört nicht mehr auf und es fällt mir schwer, den Hot Pot wieder zu verlassen und weiter zu fahren. Aber ich möchte heute unbedingt noch ins Tal. Ben und David bleiben in Laugafell und kommen morgen nach.
Vorbereitungen zum Furten
Richtung Laugafell
Gemeinsam weiter Richtung Laugafell
Ben und David auf dem Weg nach Laugafell
gut gelaunt bei leicht regnerischem Wetter
F752 Richtung Laugafell
F821 Richtung Akureyri
F821 Richtung Akureyri
Die F821 ist in genauso schlechtem Zustand wie ich sie von 2007 in Erinnerung habe und durch den starken Regen wird die Abfahrt zu einem abenteuerlichen Erlebnis. Große Gesteinsbrocken von bis zu 40 cm Durchmesser liegen auf der Piste und ebensolche Löcher finden sich in der Fahrbahn. Die Abfahrt ist steil und rutschig, so dass ich mein Rad vorsichtig den Berg runterbremsen muss und stellenweise auch abwärts schieben muss. Die Strecke windet sich zusammen mit einem reißenden Bach der immer wieder die Piste kreuzt hinunter zum Fjord. Der Bach rauscht und donnert mit lautem Getöse hinunter. Die Geräuschkulisse des Baches gibt der Situation etwas unruhiges und bedrohliches. Von den steilen Hängen neben der Piste strömt überall Wasser über die Piste in den Bach. Manchmal als Rinnsal, manchmal als Bach und manchmal ist die Piste über hunderte von Metern überflutet. Die Schuhe sind jedenfalls nicht trocken zu halten. Es ist einfach zu kalt die ganze Strecke in Sandalen zu fahren. Die vielen kleinen Furten reichen über die Stiefelkante und das Wasser fließt in die Schuhe.
Ich komme nur langsam vorwärts und so zieht sich diese unruhige, abenteuerliche Abfahrt endlos hin. Autos oder Menschen begegnen mir auf der Strecke keine, nur gelegentlich sehe ich ein paar Schafe, die völlig unbeeindruckt von der ganzen Unruhe, der Kälte, dem Regen und dem Getöse irgendwo in Bachnähe grasen, oder gemütlich herumliegen, als hätten wir herrlichen Sonnenschein.
Nach einer Zwischenübernachtung an einer ruhigen Stelle, fahre ich am nächsten Tag weiter nach Akureyri. Auf den Camping Hamrar, wo ich 2007 schon sehr viel Zeit verbracht habe.
Die letzten Tage waren abenteuerlich, spannend und anstrengend. Jetzt lasse ich es erstmal etwas ruhiger angehen.
F821 Richtung Akureyri
Blick in den Eyjafjoerdur
Camp an der F821
F821 Richtung Akureyri: Weg und Bach sind kaum auseinanderzuhalten
F821 Richtung Akureyri
Briefkasten an der 821 Richtung Akureyri
Briefkasten an der 821 Richtung Akureyri