2010 August » Jörg on Tour

August 2010


27.08.2010 – 30.08.2010

Vinça -> Ile sur Têt -> Montalba -> Caramany -> Esperanza -> Montbel

165 km



Teilweise herrliche Pisten, die leider nicht alle auf meinen Karten zu finden sind. Schilder mit Ortsnamen gibt es auch nicht. Wenn ich eine Karte der DFCI-Strecken hätte wäre mir schon sehr geholfen. Die Schilder des
Défense des Forêts Contre l’Incendie stehen hier an vielen, wenn auch längst nicht allen Wegkreuzungen. Leider bietet mir die Information, dass die Piste Nummer 12 nach rechts und die Piste Nummer 121 nach links führt kaum eine Orientierungshilfe solange ich nicht weiß wo die Pisten 12, 121, 13 usw. auskommen. Mir bleibt nichts, als mich wieder grob mit Himmelsrichtungen zu behelfen, was hier nicht so gut funktioniert, weil die Pisten teilweise in großem Bogen um die Berge führen und dabei komplett die Richtung wechseln. Ein Mountainbiker, der mich überholt gibt mir eine genaue Wegbeschreibung, aber schon an der nächsten unbeschilderten Weggabelung wäre ich wieder ratlos gewesen, wenn ich nicht den in den Sand geritzten Pfeil entdeckt hätte. Auf meiner weiteren Strecke folge ich diesen Pfeilen, die vermutlich der Mountainbiker für mich überall wo etwas unklar sein könnte auf die Piste gemalt hat. SPITZE!

Da es mich sehr zurück zum Lac de Montbel zieht, verlasse ich irgendwann die Pisten und bewege mich wieder auf asphaltierten, in meinen Karten verzeichneten Strecken. Das ist zwar nicht mal mehr halb so schön, aber so weiß ich wieder wo ich bin.

Sehr auffällig ist jetzt wieder der aufmunternde Zuspruch der Autofahrer. In Frankreich und Spanien habe ich bisher wirklich nur positive Erfahrungen gemacht. Rücksichtsvolles Überholen, motivierendes freundliches Hupen, Winken, gehobene Daumen, anfeuern usw..

Also, wenn ich nach meinen persönlichen Erfahrungen eine Länderliste über die Radfahrerfreundlichkeit der Autofahrer aufstellen würde, wäre Frankreich ganz weit vorne. Leider muss ich zugeben, dass Deutschland ganz weit hinten wäre. Vielleicht noch unterboten von Dänemark.

18.08.2010 – 27.08.2010

Nichts ist besser geworden! Mir bleibt nichts anderes übrig, als meinem Immunsystem den Auftrag zu geben sich der Sache anzunehmen. Mein Job beschränkt sich auf Tee trinken, Kohletabletten und Bananen essen und viel im Schatten liegen. Tagsüber steht mein Zelt in der prallen Sonne und ich liege am kleinen Badestrand der zum Campingplatz gehört. Gegen 17:00 Uhr gibt es am Badestrand keinen Schatten mehr und ich verziehe mich wieder zum Zelt, wo es um diese Zeit wieder langsam erträglich wird. Meine Lebensmittel lagern neben dem Zelt in meinem „Kühlschrank“ wo sie sich gut halten. Der Kühlschrank besteht im wesentlichen aus einem kleinen Loch, das ich in die lockere Erde gegraben habe. Die Vorräte kommen in dieses Loch und darüber kommt eine „Tür“ aus Ästen und und losem Laub. Das ganze wird mehrmals täglich mit Wasser übergossen. Die Verdunstungskälte sorgt für den Kühlschrankeffekt. Diesen praktischen Trick habe ich bei meinem Survival-Training bei Armin Hock kennen gelernt. Ich habe richtig Spaß daran mir so mein Leben hier auf dem Campingplatz etwas angenehmer zu machen. Jeden Tag in den Ort zum Einkaufen zu gehen wäre mir in meiner derzeitigen Verfassung viel zu anstrengend.

Mein Zustand bessert sich ganz langsam und allmählich. Als es etwas besser wird kümmere ich mich um mein Rad, Ritzel, Kette und Bremsklötze tauschen, etc. und mache ein paar kleine Spazierfahrten in der Umgebung. Ich muss dabei allerdings sehr aufpassen mich nicht zu übernehmen. Tue ich etwa zu viel, liege ich am nächsten Tag wieder richtig flach.

Mein Platznachbar ist Lehrer aus Tours, er ist überzeugter Wahlkatalane und kommt seit 30 Jahren jedes Jahr für 50 Tage hier auf diesen Platz. Aus seiner Sicht habe ich mir wirklich den denkbar besten Platz für meine kleine Pause „ausgesucht“….. Glück muss man eben haben 🙂

mein Kühlschrank

14.08.2010 – 18.08.2010

Céret-> Montauriol -> Calmeilles -> Riuros -> Taillet -> Coll dels Pous -> Maçanet de Cabrenys -> Tàpis -> St-Laurent-de-Cerdans -> Arles-sur-Tech -> Corsavy -> Col de la Descargue -> Tour de Batère -> Col Palomére ->Vinça

210 km


Von Céret aus starte ich nach ein paar Tagen Aufenthalt mit einem schönen und völlig sinnfreien Schlenker. Nicht besonders zielorientiert verbringe ich die Nacht wieder ganz in der Nähe von Céret unter einer gewaltigen, alten, geradezu mystisch wirkenden Korkeiche. In der Nacht kündigt sich Besuch an. Langsam nähert sich grunzend und schmatzend eine kleine Rotte Wildschweine, die aber kaum, dass sie mich bemerken wild und panisch die Flucht ergreifen.

Ich möchte zurück über die spanische Grenze. Anhand der Karte kann ich nicht richtig erkennen, ob die Strecke durchgängig befahrbar ist. Es wäre schon etwas frustrierend sich ca. 1000 Meter hoch zu kämpfen, um dann doch in einer Sackgasse zu landen. Alle Radfahrer, die ich unterwegs befrage raten mir ab. Sie sind sich alle „ziemlich“ sicher dass die Piste zu steil und viel zu schlecht ist…. Der Weg ist das Ziel und wenn es gar nicht mehr weitergeht kann ich mich ja einfach umdrehen und wieder runterrollen. Alle Warnungen und meine Unsicherheit entpuppen sich als überflüssig. Die Strecke ist beeindruckend, schön, weit davon entfernt zu schlecht oder zu steil zu sein. Die Nacht verbringe ich auf dem Col dels Pous und damit genau auf der Grenze zwischen Frankreich und Spanien.

Die Piste vom Col dels Pous Richtung Maçanet de Cabrenys ist ein echtes Highlight, endlos windet sich die Strecke den Berg hinunter. In Tapis, einem winzigen hübschen Örtchen ist mir die Tasse Kaffee, die ich meiner Meinung nach absolut verdient habe, scheinbar nicht vergönnt. Die Bedienungen und Besitzer von dem Restaurant wollen keinen einzigen der zahlreichen freien Plätze für einen „Nur Kaffee-Kunden“ hergeben, es könnte ja noch ein zahlungskräftiger Gast zum Essen erscheinen. Nach einigem Hin undHer und lästiger Diskussion bekomme ich widerwillig doch noch meinen Kaffee, den ich nach dem ganzen blöden Gerede schon gar nicht mehr haben möchte. Kurze Zeit später bin ich schon wieder in Frankreich.

Der Anstieg von 300 auf 1439 Meter über den Col-de-Descargue zum Tour-de-Battère ist das nächste Highlight und die Aussicht von der alten Turmruine aus ist heute grandios. Schade, dass ich nicht mehr genug Wasser habe, um heute Nacht hierzubleiben. Schade auch, dass mich auf der, übrigens ebenfalls erstklassigen Abfahrt der nächste Platten dieser Tour heimsucht. So viele Platten wie auf dieser Frankreichtour hatte ich schon lange nicht mehr.

Nach einer Nacht bei Baillestavy rolle ich müde und irgendwie angeschlagen bis Vinça und lasse mich dort schon morgens um 11:00 Uhr auf dem Campingplatz nieder. Nach einem langen Gespräch in der prallen Sonne bin ich endgültig erledigt und sogar zu müde zum Kochen. Der Versuch mir was Gutes zu gönnen scheitert kläglich, die Pizza, die ich mir aus dem Ort hole schmeckt übelst. Genau so geht es mir gegen Abend dann auch, Übelkeit, üble Kopfschmerzen… Das sieht nach einem erneuten Sonnenstich aus, oder hat die Pizza vielleicht nicht nur schlecht geschmeckt, oder hat das Bachwasser in meinen Trinkflaschen bei intensiver Sonnenbestrahlung ein mir schlecht bekommendes Eigenleben entwickelt???

Egal, morgen ist wieder alles besser! Hoffe ich!

09.08.2010 – 10.08.2010

Port de la Selva -> Garriguella -> Sant Quirc de Colera -> Mas Pils -> Espolla -> La Vajol -> Las Illas -> Céret

105 km


Vorbei an dem Benediktinerkloster Sant Pere de Rodes, das mir in den letzten Tagen immer wieder angepriesen wurde. Ich genieße hier vor allem die Aussicht und die Vorfreude auf die sich anschließende kurvenreiche Abfahrt. In dieser Nacht habe ich in meinem offenen Zelt ohne Innenzelt reichlich Gelegenheit die einheimischen Mücken zu füttern, was mich bis tief in die Nacht beschäftigt. Am nächsten Morgen kann ich deutlich sehen, dass ich gute Arbeit geleistet habe und gebe den Versuch die Einstiche auf meinen Handrücken zu zählen recht bald auf, die Haut sieht in etwa aus wie Sandpapier oder eine Rauhfasertapete.

Von La Vajol aus geht es in ca. 700 Metern Höhe zurück nach Frankreich. Von da an kann ich rollen lassen.

Sant Pere de Rodes

Grenze Frankreich Spanien in der Nähe von Las Illas

05.08.2010 – 08.08.2010

Port de la Selva


Ich stehe früh auf und rolle die letzten Meter vom Campingplatz in den Ort. Port de la Selva ist ein kleiner, schöner und belebter Ort. Hier gibt es alles was ich brauchen könnte. Also Internetcafes, eine unschlagbar günstige Möglichkeit meine Fotos auf DVD’s zu brennen (3,- Euro!), Ich kann hier eine Tauchermaske kaufen und  mir mit diesem Hilfsmittel auch gleich in den zahlreichen Badebuchten Fische, Seeigel, Tintenfische und Seesterne anschauen. Wenn ich genug habe vom Planschen im Meer lege ich mich an den Strand und gegen Abend ziehe ich mich zu einem fantastischen Schlafplatz zurück von wo aus ich leicht den Ort überblicken kann. Ich sehe der Sonne zu wie sie im Meer versinkt und von dem herrlichen klaren Sternenhimmel abgelöst wird. Ich suche Sternbilder und das Band der Milchstraße und sehe den Sternschnuppen beim Verglühen zu.

Wenn ich gerade nicht im blauen Meer bade, am sonnigen Strand liege oder in den Sternenhimmel schaue, sitze ich in einem der Internetcafes, dort lerne ich unter anderem Ben kennen, der innerhalb der letzten 74 Tage den Pyrenäen folgend vom Atlantik bis zum Mittelmeer gewandert ist. Seine Bilder und seinen Reisebericht veröffentlicht er auf seiner Seite http://www.bencollinsphotography.com.

Auf dem GR 11 versuche ich von hier aus noch mal zum Cap de Creus zu kommen, aber ich muss auch hier einsehen, dass die Strecke für mich auch aus dieser Richtung unbefahrbar ist.

01.08.2010 – 04.08.2010

Escala -> Roses -> Montjoi  -> Cadaqués ->
Cap de Creus ->
Port de la Selva

115 km


Nach einem letzten gemeinsamen Frühstück mache ich mich gestärkt und ausgeruht wieder auf den Weg. Bis Roses fahre ich durch Apfel- und Olivenplantagen, von dort geht es auf einer herrlichen Strecke und teilweise über Pisten nach Montjoi. Von Montjoi nach Cadaqués gibt es eine Piste auf der das Radfahren richtig Spaß macht. Die Piste ist teilweise für den Autoverkehr gesperrt und die Barrieren sind auch mit einem beladenen Fahrrad nicht zu durchfahren. Mir bleibt nichts anderes übrig als das Gepäck abzuladen und Rad und Taschen über  die Barriere zu wuchten. Es lohnt sich! Nachdem das geschafft ist habe ich die Piste dahinter für mich allein.

Über Cadaqués fahre ich weiter zum Cap de Creus, dem östlichsten Punkt Spaniens, bzw. der iberischen Halbinsel. Die Landschaft hier ist rauh.
Zerklüftete, verwitterte Felsen lassen immer wieder ungewöhnliche und faszinierende Strukturen entdecken. Das Cap de Creus selbst ist ein Ende der Welt, eine Sackgasse. Ich liebe es an so einem Ende der Welt anzukommen. Schade ist nur, dass ich von hier auf dem gleichen Weg zurück muss. Das mag ich gar nicht.  Hier geht es beim besten Willen nicht mehr weiter, hier heißt es umdrehen und auf dem selben Weg wieder zurück. Auf dem selben Weg? Es gibt hier einen Wanderweg nach Port de la Selva der allerdings nicht gerade für Tourenradler geeignet ist. Ich bin mir so gar nicht sicher, ob die Strecke für mich befahrbar ist aber versuchen kann ich es ja mal. Der Weg ist der Anfang, bzw. das Ende des Fernwanderweges GR 11 , der über die Pyrenäen vom Atlantik bis zum Mittelmeer verläuft.

Zuerst verfahre ich mich und folge dem alten Verlauf des kürzlich umgelegten Weges. An einem einsamen Hof, das einzige Haus, das ich auf der Strecke zu sehen bekomme, weisen mich drei große nicht angeleinte Hunde deutlich auf meinen Fehler hin. Unmissverständlich legen sie mir nahe, dass ich hier verschwinden soll und den Gedanken den Hof (ihren Hof) zu betreten soll ich mir gleich abschminken. Ich steige ab und versuche mit ihnen zu reden, aber da ist nichts zu machen. Sie bellen und knurren ohne mir zuzuhören“Verschwinde! Zieh Leine! Du hast hier nichts zu suchen!“ Und damit haben sie sogar recht.

Der Abzweig auf den neuen, den richtigen Weg ist schnell gefunden. Die Piste wird allerdings schlechter und immer schmaler. Schmal und von dornigem Gestrüpp überwuchert folge ich dem Weg mehr schiebend als fahrend immer  weiter. Als der Wanderweg noch schwieriger wird und ich mehr tragen als schieben muss gebe ich nach ein paar hundert Metern auf und drehe wieder um. Es ist nicht abzusehen wie lange das noch so weitergeht und ob es vielleicht noch anspruchsvoller wird.

Ich finde immerhin noch eine abzweigende Piste nach Cadaqués und muss nicht ganz bis zum Cap de Creus zurück. Die ganze Aktion hat, obwohl es nicht ganz so gelaufen ist wie ich mir vorgestellt habe riesigen Spaß gemacht. Die Pisten hier durch den Naturpark Cap de Creus sind ganz nach meinem Geschmack. Hier könnte ich mich gut eine Weile aufhalten und die verschiedenen Wege abfahren/abwandern.

Von Cadaqués aus bleibt mir nur eine stark befahrene Straße über den Berg nach Port de la Selva. Die Sonne brennt heiß und ich fühle mich überhaupt nicht in der Verfassung die ca. 350 Höhenmeter auf verkehrsreicher Straße zu überwinden. Aber mir bleibt nichts anderes übrig, in Cadaqués möchte ich mich nicht wirklich lange aufhalten.

Venga! Venga!

Die spanischen Autofahrer sind super nett! Ich ernte viel Anerkennung und Aufmunterung auf der kleinen Bergstrecke. Viele aus dem Fenster gehaltene Daumen, viel aufmunterndes Hupen und reichlich motivierende Zurufe. Einige lehnen sich aus dem Autofenster und feuern mich regelrecht an. Es herrscht eine super Stimmung auf der Straße und diese kleine Bergetappe fällt mir durch diesen Zuspruch deutlich leichter. Ich würde mich nicht mehr wundern, wenn gleich einer aussteigt und mich anschiebt. An der viel zu heißen Sonne ändert das leider nichts.

Kurz vor Port de la Selva mache ich mit Kopfschmerzen und Übelkeit Station auf einem Campingplatz. Hier bleibe ich zwei Nächte, um meinen Sonnenstich auszukurieren.